Ein Stück Zweifel ist in jedem lebendigen, echten Glauben immer vorhanden. Der Linzer Pfarrer Thomas Mazur erklärt, was ihm sein Namenspatron, der ungläubige Thomas (Namenstag 3. Juli), bedeutet.
Ausgabe: 2012/26, Namenstag, Thomas, Mazur
27.06.2012
Niemand muss gläubiger sein, als er kann. Thomas steht für die Zweifler, für die Kritiker. Er vertritt jene, die schon immer mehr auf ihren Verstand und ihre Erfahrung vertraut haben als auf das, was andere ihnen erzählen. Mit Thomas verbunden fühlen können sich auch die, die sich mit der Autorität der Kirche schwertun. Mit ihm können sich all die Individualisten identifizieren, die noch lange nicht an etwas glauben wollen, bloß weil es viele glauben. Niemand muss gläubiger sein, als er gerade kann, aber: Thomas verlässt trotz seiner Zweifel und seiner vorläufigen Unfähigkeit zu glauben nicht die Gemeinschaft der Apostel. Hätte er aus Verärgerung oder gar aus Besserwisserei gesagt: Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben, da ihr daran glaubt, dass Jesus auferstanden ist, dann wäre ihm selber diese besondere Erfahrung nicht zuteil geworden. Jesus erscheint dem eine Woche zu spät kommenden Thomas eben in der Gemeinschaft mit den übrigen Aposteln. Rationalisten und Empiristen dürfen also nicht resignieren und sich zurückziehen, indem sie aufhören zu beten oder vielleicht die Gemeinschaft der Glaubenden verlassen, denn dann wird es für sie viel schwieriger, Erfahrungen zu machen, die den eigenen Glauben wieder stärken oder neu begründen können. Ein Stück Zweifel ist in jedem lebendigen, echten Glauben immer vorhanden. Unser Glaube verändert sich ja im Verlauf des Lebens, er wächst mit uns.