Während Bischof Rudolf Hittmair die Kriegserklärung mit den Worten „Kaiser! das ist Dein erster Sieg in diesem Krieg!“ begrüßt, spricht sich der Kopfinger Pfarrer Johann Klimesch gegen den Krieg aus – ein Schritt, der ihn ins Gefängnis bringt.
Ausgabe: 2014/36, Hittmair, Klimesch, Klaffenböck
02.09.2014 - Josef Wallner
Der Pfarrer, der Lederschneider, der Bäcker und ein weiterer Gast sitzen beim „Wirt z‘ Götzendorf”. Das Gesprächsthema liegt auf der Hand. Der Krieg. Drei Tage nach dem Manifest des Kaisers „An meine Völker“ waren zweihundert Männer aus der Gemeinde Kopfing einberufen worden. Der Pfarrer macht aus seiner Überzeugung kein Hehl. Die Forderungen des Ultimatums an Serbien wären zu hoch gewesen und „überhaupt hätte man nicht nach Serbien hinabgehen sollen“, meint er. Es kommt zu einer lautstarken Auseinandersetzung. Vor allem den Lederschneider bringt die ablehnende Haltung des Pfarrers zum Krieg so in Rage, dass die beiden anderen Tischgenossen das Weite suchen.
Der Dechant ermittelt
„Misshandelt wurde der Pfarrer nicht“, schreibt Dechant Anton Nöbauer an das bischöfliche Ordinariat in Linz, das ihn ausgeschickt hatte, um nach dem Rechten zu sehen. Es wurde lediglich ein Brett mit einer Schmähinschrift angebracht, beruhigt der Dechant. Er fügt aber hinzu: „Würde der Pfarrer nochmals so unkluge Worte gebrauchen, wären Tätlichkeiten nicht ausgeschlossen.“ Klimesch denkt aber gar nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Das erfährt auch der Dechant. Dieser ist am Sonntag, den 23. August 1914 in Kopfing. Da wird zu Ehren des Geburtstags seiner Majestät das Kaiserfest gefeiert. Wie im ganzen Land sind auch in Kopfing alle Häuser beflaggt – mit Ausnahme von Kirche und Pfarrhof. „Das wurde übel bemerkt“, hält Nöbauer fest. Er weiß, dass es ein frommer Wunsch ist, was er an das Ordinariat schreibt: „Wenn der Pfarrer keine neue Unklugheit begeht, wird die Sache einigermaßen zur Ruhe kommen.“
Verhaftung am Karfreitag
Am Karfreitag 1915 wurde Pfarrer Klimesch schließlich festgenommen und nach Linz gebracht. Drei Wochen blieb er in Untersuchungshaft. Die Anklage lautete auf das schwere Verbrechen der Majestätsbeleidigung und Störung der öffentlichen Ruhe. Eine Militärkommission hielt sich drei Tage in Kopfing auf und befragte 80 Zeugen. Man machte dem Geistlichen unter anderem zum Vorwurf, dass er im Unterricht ein Kind zurechtgewiesen hätte, das mit dem Gruß „Gott strafe England“ grüßte. (Die Antwort darauf lautete: „Gott strafe es“.) Der Pfarrer betonte, dass ein Christ so nicht reden darf. Er erinnerte an die Goldene Regel der Bergpredigt: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Klimesch soll auch in seinen Predigten zu wenig für den Krieg geworben haben.
Pfarrer wird ignoriert
Die Absicht seiner Gegner, ihn aus Kopfing zu vertreiben, ging aber nicht auf. Dass er während der Kartage verhaftet wurde und nicht einmal mehr das ausgesetzte Allerheiligste in den Tabernakel zurückstellen durfte, empörte auch viele jener Kopfinger, die nicht seine Einstellung zum Krieg teilten. Die Festnahme des Pfarrers fand überdies in den Medien breites Echo. Nicht nur die regionalen Blätter, auch Arbeiterzeitung, Reichspost und sogar Prager Tagblatt berichteten. Die Behörde ließ schließlich den Fall Klimesch im Sand verlaufen. Vermutlich wollte man wegen eines einzelnen Innviertler Pfarrers keine Auseinandersetzung mit der Kirche riskieren. Klimesch blieb bei seiner Überzeugung, doch er wurde ignoriert. Die Zeit arbeitete aber für ihn. Die öffentliche Meinung begann sich zu wandeln. 1916 schreibt er in die Pfarrchronik: Der Krieg muss ein Ende haben. Das entspricht durchaus schon der Stimmung in der Bevölkerung, erst recht als er zum Jahreswechsel 1917/18 festhält: Alles verwünscht bereits den Krieg.
Klimesch steht allein
Soweit bislang bekannt, ist Pfarrer Johann Klimesch der einzige Priester der Diözese Linz – und womöglich darüber hinaus – der von Anfang an, vom Sommer 1914 an, gegen den Krieg protestierte: gegen die Begeisterung der Bevölkerung, gegen die von Gott eingesetzte staatliche Obrigkeit, – und was für einen Priester besonders schwer wiegt: gegen die Meinung seines Bischofs. Die Überzeugung von Klimesch bleibt herausragend. Dass er aus der Diözese Budweis stammte und „Tscheche“ war, mag es ihm leichter gemacht haben, den Krieg des Kaisers abzulehnen.
Bitte um Information
Wer von Priestern oder der Kirche verbundenen Menschen weiß, die den „Großen Krieg“ (von Anfang an) abgelehnt haben, bitte um Nachricht an: josef.wallner@kirchenzeitung.at