In vielen Studiengängen an Österreichs Hochschulen ist es möglich, ein Auslandssemester zu machen. Nicht nur in Europa gibt es Partnerunis, auch in fernen Ländern wie Chile im Südwesten Südamerikas.
Ausgabe: 31/2014, for you, studieren, ausland
30.07.2014 - Martin Pötz
„Mir ist sofort aufgefallen, dass alle Leute, egal ob am Flughafen, auf der Straße oder an der Uni, sehr hilfsbereit und offen sind“, erzählt Eva Wolkerstorfer über ihre erste Woche in Chile. Sie kommt aus Helfenberg und studiert „Journalismus und Medienmanagement“ an der FH Wien der Wirtschaftskammer. Das dritte Semester des Bachelor-Studiengangs absolviert Eva zur Zeit an einer Partneruni, der Universidad de los Andes (UANDES) in Santiago de Chile.
Kalte Nächte
In Chile ist derzeit Winter, weil es auf der Südhalbkugel liegt. In einigen Nächten fallen die Außentemperaturen in Santiago unter den Gefrierpunkt. Drinnen ist es nicht viel wärmer: „Es gibt in fast keinem Haus eine Heizung. Das ist vor allem in der Nacht nicht so gemütlich, weil man auf mehrere Schichten Decken angewiesen ist“, so Eva. Auch an das System der öffentlichen Verkehrsmittel muss man sich erst gewöhnen. In Santiago leben über 5,3 Millionen Menschen. Es gibt nur vier U-Bahn-Linien, dafür über 350 Buslinien. Einen Fahrplan mit Abfahrtszeiten sucht man vergeblich. Kommt längere Zeit kein Bus, kann es leicht sein, dass dann zwei auf einmal die Haltestelle erreichen. In der U-Bahn-Station stehen zur Rush-Hour die Fahrgäste schon in der Warteschlange, bevor sie den Bahnsteig sehen. Bei den Herausforderungen des Alltags und an der Uni hilft ein „Buddy“. „Buddies“ sind einheimische Student/innen, die sich freiwillig für die Austauschstudent/innen engagieren. Evas Buddy ist die Krankenpflege-Studentin Angélica Abarca. Eine Unterkunft hat Eva schon vor dem Abflug gefunden, eine WG mit einem chilenischen Geschwisterpaar. Besonders wichtig sind die eigenen Spanischkenntnisse. Im chilenischen Alltag läuft alles in der Landessprache. An der UANDES sind die Lehrveranstaltungen, Übungen und Prüfungen auf Spanisch. Durch das tägliche Kommunizieren spricht man nach wenigen Wochen fließend.
Begegnungen und Reisen
Neben dem Studieren wird Eva in den nächsten Monaten Land und Leute kennenlernen. Chile hat von Natur aus viel zu bieten. Im Norden ist die Atacama, die trockenste Wüste der Welt. Im Süden reichen die Gletscher Patagoniens bis zum Meer. Dazwischen liegen über 4.000 Kilometer Pazifikküste, die Anden mit unzähligen Vulkanen und einer artenreichen Flora und Fauna. Zum Glück kehrt Eva erst in einem halben Jahr nach Helfenberg zurück und hat viel Zeit, Chile zu entdecken.
Zur Sache
Studieren kostet Millionen
Santiago. Chile hat eines der teuersten Bildungssysteme der Welt. Die privaten Universitäten haben ein viel höheres Ansehen als die staatlichen, ihre Absolvent/innen deutlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt. Bildung mit Qualität ist in Chile allerdings teuer. An der privaten Universidad de los Andes zahlt man pro Jahr durchschnittlich 5,5 Millionen Chilenische Pesos. Das sind über 7.200 Euro. Studiengänge wie Medizin sind noch teurer. Viele Student/innen müssen Kredite aufnehmen und können dennoch nur den Platz an einer staatlichen Uni bezahlen. Privatunis mit gutem Ansehen gibt es zudem nur in den größeren Städten. „Wenn du eine bessere Ausbildung willst, musst du in die Stadt gehen“, sagt Luis Felipe Hidalgo Bustamante, Student an der UANDES. Ähnlich ist die Situation an den Schulen. Auch hier sind die guten oft weit weg und sehr teuer.
Austauschstudent/innen sparen sich Studiengebühren
Austauschstudentin Eva Wolkerstorfer muss an der Universidad de los Andes keine Studiengebühren zahlen. Gibt es einen dementsprechenden Vertrag mit der Uni in der Heimat, müssen Ausländer/innen nur etwaige Gebühren in der Heimat zahlen. Besteht Eva alle Lehrveranstaltungen an der UANDES, wird ihr fast das ganze Semester angerechnet. Nur zwei Rechtsprüfungen muss sie nächstes Jahr nachholen. Für Student/innen von größeren Universitäten kann die Anrechnung komplizierter sein, wenn jede Vorlesung einzeln angerechnet werden muss.