„Die Verantwortung wird allzu kampflos anderen überlassen“
Wie Maulwürfe wühlen sich in vielen Teilen von Oberösterreich Baumaschinen durch die Landschaft. Alle Bauprojekte finden auch innerhalb von Pfarrgrenzen statt. Doch von pfarrlicher Seite schweigt man meistens lieber zu umstrittenenen Plänen.
Eines der zwei Jahre intensiv vorangetriebenen Projekte war die Trassensicherung für eine eventuell ab 2025 in Angriff zu nehmende Linzer Ostumfahrung. Pfarren sind mittendrin.
Mögliche Streckenführungen wurden bewertet, diskutiert, Experten und Betroffene tauschten teils sehr konträre Positionen aus. Jetzt ist eine Trasse festgelegt. Östlich von Steyregg. Mindestens drei Pfarren sind insofern betroffen, als die Trasse auf ihrem Pfarrgebiet liegt: Treffling, Steyregg und Ebelsberg. Unsere Nachfrage, ob sich die Pfarren in die zweijährige Diskussion eingebracht haben, lieferte keinen Hinweis darauf. Einzelne Pfarrmitglieder schon – und das sehr engagiert, aber nicht die Pfarre. Zur RegioTram Linz–Pregarten hat die Pfarre Treffling allerdings Raum für die Info-Veranstaltung zur Verfügung gestellt.
Nah oder weit weg
Ist das Thema nicht so nahe, gibt es ein beachtliches Engagement der Kirche vor Ort, etwa für Asylwerber/innen oder im Eine-Welt-Bereich, auch im Bereich Alternativ-Energien. Ganz anders sieht es bei großen Bauprojekten und Umwelt-Eingriffen im Ort aus. Wir fragten bei diözesanen Persönlichkeiten im Bereich Schöpfungsverantwortung nach: Sollen Pfarren zu konkreten lokalen, umwelt-relevanten Projekten Position beziehen oder Plattform sein?
Konfliktträchtig
Prof. Dr. Michael Rosenberger lehrt an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz Moraltheologie und ist Umweltsprecher in der Diözese Linz. Auch er nimmt wahr, dass sich Pfarren stark in Eine-Welt-Fragen oder zum Asylbereich engagieren, aber viel weniger bei Umweltthemen. Ein Grund könnte sein, dass Umweltthemen vor Ort wesentlich konfliktträchtiger sind. – In Umweltfragen legt man sich mit Gruppen vor Ort an. Aber Rosenberger sieht noch einen zweiten Aspekt: „Wir haben Nachholbedarf, dass Umweltthemen zur Mitte des Evangeliums gehören.“ Wichtig war der Schritt von Papst Franziskus, der zu den beiden großen Themen Friede und Gerechtigkeit auch die Schöpfungsverantwortung betont.
Mit vereinten Kräften
Der Vorsitzende des diözesanen Fachausschusses Schöpfungsverantwortung, Wolfgang J. Gruber, Gemeinderat in Neuhofen/I., meint, dass jeder Mensch die Verpflichtung habe, alle seine umweltrelevanten Aktivitäten auf „Enkeltauglichkeit“ zu prüfen. „Christliche Gemeinschaften sollen sich sowohl in der weiten Welt, als auch in der eigenen Region für die Bewahrung der Schöpfung starkmachen. Es scheint, dass diese Verantwortung gerne allzu ‚kampflos‘ oder aus Bequemlichkeit der Politik überlassen wird. Mir gefällt in diesem Zusammenhang der Vergleich mit ‚Don Camillo & Peppone‘ – oftmals könnte mit ‚vereinten Kräften‘ ein Um- und Nachdenken erreicht werden.“ Es wird spannend, ob sich diese Position auf kirchliches Engagement zu Projekten im Umkreis von Ried im Innkreis auswirkt, wo eine Umfahrung kommen soll, die seit 30 Jahren „herumgeistert“.