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Wer als Kind eine Steinschleuder gebastelt hat, weiß: Je weiter man den Gummi ziehen kann, umso stärker seine Kraft. Jetzt leben Menschen auf Abstand – in verordneter und meist auch akzeptierter Distanz. Nähe ist nicht mehr selbstverständlich. Da macht es einen Unterschied, ob es eine locker-lose oder eben eine spannungsgeladene Distanz ist. In der Selbstverständlichkeit, die sich nie in die Spannung wagt, geht die Beziehungskraft verloren – wie bei einem spröde gewordenen Gummiring. Beziehung, die sich nur in der Nähe sicher weiß, in zur Routine gewordener Nähe also, ist vielleicht bequem, aber kraftlos geworden.
Beziehung mit Spannkraft – das ist, wenn sie auch in der Distanz zu spüren ist. Selbst mit Verstorbenen, mit denen man keine leibliche Nähe mehr erleben kann, kann man solche Spannkraft spüren. Auch das zeigt der Gummiring. Immer in Spannung – überdehnt – verliert er die Kraft. Menschen leben jetzt in gespannten Verhältnissen. Dennoch Nähe zu zeigen und spüren zu lassen, ist die Kunst. Eine Beziehung, die nicht voneinander weiß, wäre nicht nur kraftlos, sondern tot.
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