KOMMENTAR_
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat entschieden, dass Kultur und Religion bei den Coronabeschränkungen hätten gleich behandelt werden müssen. Das Erkenntnis ist ein Weckruf für die Kirchen, weil es aufzeigt, dass Religionsfreiheit aus Sicht des säkularen Staates im Kontext mit anderen Grundrechten betrachtet werden muss.
Die Diskussion um Kirchenrechte kann nicht einfach mit dem Verweis auf die Religionsfreiheit beendet werden. Es ist damit zu rechnen, dass bei künftigen Entscheidungen durch Gericht oder Gesetzgeber die Kirchen mitunter den Kürzeren ziehen werden.
Das war bei Themen, die die römisch-katholische Kirche mehr inhaltlich als strukturell betreffen, schon der Fall: Gegen die Haltung der katholischen Kirche wurden in Österreich vom VfGH die Ehe für alle (auch homosexuelle Paare) und die Möglichkeit der assistierten Selbsttötung eingeführt – auch weil sich der Gesetzgeber um die Entscheidung gedrückt hat. Beides war erwartbar.
Bleibt die Frage, wie sich die Kirche darauf vorbereitet, dass der Staat vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Frage stellen kann. Ist es den Bischöfen bekannt, dass das Konkordat ein Staatsvertrag ist, dessen Überprüfung gegebenenfalls dem VfGH anheimsteht (Artikel 140a Bundes-Verfassungsgesetz)? Das Staat-Kirche-Verhältnis Österreichs ist in Bewegung geraten. Es wäre sinnvoll, sich als Kirche jetzt darauf einzustellen.
KOMMENTAR_
DENK_WÜRDIG
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
BRIEF_KASTEN