KOMMENTAR_
Zu Allerheiligen habe ich das Familiengrab meiner Mutter in Osttirol besucht. Seit mehr als 100 Jahren befindet es sich da, etwas verlottert ist es mittlerweile, aber trotzdem beeindruckend. Zumindest bin ich stolz auf den schönen, großen Engel, der auf dem Grabstein steht. Seine Hand weist auf die Namen der Verstorbenen – oder zumindest das, was von der Hand übrig ist. Denn der Zeigefinger ist abgebrochen. Deshalb wirkt der Engel angenehm verhalten. Er weist auf etwas hin und macht es doch nicht demonstrativ.
Der Engel mit dem abgebrochenen Zeigefinger wäre ein guter Schutzpatron in Sachen Redenschwingen – denn wie oft kommt der Zeigefinger zum Einsatz, wenn die persönlichen Gesprächspartner/innen von einer Meinung überzeugt werden sollen? Und wie viele Zeigefinger schwirren durch Meinungskolumnen, Leserbriefe und digitale Netzwerke? Mein Zeigefinger soll bitte ungebrochen bleiben. Aber er soll sich auch nicht wichtig machen. Ob das gelingt, sag ich dem Engel in einem Jahr.
KOMMENTAR_
DENK_WÜRDIG
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
BRIEF_KASTEN