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„Und wir hätten ein Ende dieser Doppelmoral und dieser Lügerei“, prophezeite die Moraltheologin Angelika Walser vorige Woche.
Es ging darum, dass Priester ehrlich zu ihrer Lebensform stehen könnten, das „wäre eine schöne Form der Wahrhaftigkeit“.
Als ob sie die Prophetin gehört hätten, legten 125 Menschen in Deutschland am Montag ihre Lebensart offen.
Das Besondere daran: Es handelte sich um Angestellte der Kirche, deren Anstellungsverhältnis auf dem Spiel steht, wenn sie etwa darüber reden, dass sie in einer lesbischen oder schwulen Partnerschaft leben.
Wie muss es sich anfühlen, wenn die Last des Geheimnisses von den Schultern fällt? Die Last solcher Geheimnisse trugen bis vor wenigen Jahren nicht nur kirchlich Angestellte.
So traute sich nicht einmal die erste Frauenministerin, Johanna Dohnal, ihre Partnerinnenschaft zu veröffentlichen. Sie ahnte, dass ihre Partei, die SPÖ, und die österreichische Gesellschaft damit überfordert wären.
Politisch „in der Wahrheit zu leben“ war das Bemühen des verstorbenen tschechischen Dissidenten und Staatspräsidenten Václav Havel.
In der Wahrheit zu leben, braucht lebenslanges Training. Nicht jede Umgebung ist reif dafür. In der Kirche ist die Zeit reif für große Schritte.
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