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Mein Sohn freut sich: Er darf am ersten Adventsonntag den Adventkranz anzünden. Die Einladung, die sein Vater ausspricht, nimmt er gerne wörtlich – und lacht sich eins. Bevor er zur Tat schreitet (ein bisschen unsicher ist er doch), erkenne ich den Ernst der Lage und halte ihn zurück. Er zündet doch nur die erste Kerze an. Glück gehabt.
Meine Mutter erzählte in adventlicher Runde von den „Oradi“-Messen, die es früher gab. Ich dachte beim ersten Hören sofort an Gottesdienste mit Gemüse oder Kräutertee. „Heute geh ich in die Oradi“, hieß es in ihrer Kindheit. Frühmorgens oder auch abends wurden sie bei Kerzenschein in der Kirche gefeiert, erinnert sie sich.
Es dauerte einige Jahre, bis das Rätsel aufgelöst werden konnte: Es handelte sich um die „Rorate“-Messen in der Adventzeit. Da die meisten Menschen weder damals noch heute mit dem Lateinischen so vertraut waren und sind, dass sich Begriffe von selbst erklärten, wurde aus „Rorate“ das schön klingende „Oradi“.
Der Eröffnungsgesang „Rorate caeli desuper, et nubes pluant iustum ....“ („Tauet Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten“) ist dem Buch Jesaja entnommen und auch als Lied mehrfach vertont. Ja, die Zeit der Adventlieder ist endlich angebrochen. Ich konnte es kaum „dawoatn“.
Elisabeth Leitner
elisabeth.leitner@kirchenzeitung.at
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