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„Mach´ nicht so ein Gfries!“ – Der Begriff ist in Oberösterreich bekannt, wenn vielleicht auch aus dem alltäglichen Sprachgebrauch schon etwas verschwunden: Ein „Gfries“ meint eine Grimasse oder Fratze. „Gfriesern“ widmet sich die Künstlerin Bernadette Laimbauer. Sie ist „artist in residence“ im Haus der Frau in Linz, sie lebt, wohnt und arbeitet dort als freischaffende Künstlerin und setzt nun der Fassade an der Straßenseite ein neues Gesicht auf: Laimbauer formt Objekte aus Pappmaché, die das Profil ihres Gesichts zeigen. Diese bringt sie unter den Erdgeschoßfenstern des Hauses an. Sie knüpft damit an die historische Tradition der Fassadendekoration mit menschlichen Figuren oder Fratzen in Form von Skulpturen oder Reliefs an. – Die Figuren wurden damals mit einer bestimmten Bedeutung verbunden: Sie zeigten die bedeutsame Stellung des Hausbesitzers, seine Macht und Herrlichkeit oder sollten böse Geister abwehren. Während diese historischen Skulpturen aus Stein oder anderem beständigem Material geschaffen und damit bis heute sichtbar sind, formt Laimbauer ihre Arbeiten aus Pappmaché. Sie werden sich im Lauf der Zeit verändern, ihr ursprüngliches Aussehen verlieren, so wie sich auch Machtgefüge und Rollenbilder einer Stadt (ver-)wandeln können.
Von 23. Februar bis 26. März präsentiert Bernadette Laimbauer nun ihre Arbeit „Gfries“ in Linz. Das Bildungs- und Begegnungszentrum „Haus der Frau“ stellt bereits seit dem Jahr 2016 die ehemalige Dienstwohnung im 3. Stock Künstlerinnen im Rahmen eines „Artist-in-Residence“-Aufenthaltes unentgeltlich zur Verfügung. An die Künstlerinnen werden dabei keinerlei Vorgaben oder Bedingungen geknüpft. Nur der Lockdown, die geschlossenen Türen und der fehlende Austausch mit Besucher/innen im Haus der Frau haben der Künstlerin etwas zu schaffen gemacht: „Als ich schon der Meinung war, alles absagen zu müssen, hat mich das Gedicht ‚Kontur’ von Eva Strittmatter dazu bewegt, doch noch an der Fassade auszustellen. Besonders der letzte Teil ‚Wir fangen nur an / anders auszusehen’ hat die Verbindung zum Material hergestellt, mit dem ich während meines Aufenthalts im Haus der Frau begonnen habe, zu arbeiten“, erzählt die Künstlerin. Die Initiative ist eine Kooperation mit dem Diözesankunstverein Linz, der seit 1994 jährlich einen Preis für herausragende Abschlussarbeiten an der Linzer Kunstuniversität vergibt. Mit beiden Initiativen sollen junge Kunstschaffende und der Dialog zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst gefördert werden.
Die erste, die als „Artist in Residence“ im Haus der Frau lebte und arbeitete, war Elisabeth Altenburg. Die Künstlerin studierte an der Kunstuni Linz, im neuen Unfallkrankenhaus Linz gestaltete sie 2016 das „Haus der Stille“ neu. – Ihr Vater Franz Josef Altenburg zählt zu den bedeutendsten Keramikkünstlern Österreichs. Er feiert am 15. März seinen 80. Geburtstag, dazu wird es im Museum für angewandte Kunst (MAK) Wien eine Ausstellung geben. Altenburg hat auch künstlerische Spuren im Kirchenraum hinterlassen: In Schiedlberg gestaltete er 2008 den Altarraum. Den „Kreuzweg aus Fundstücken“ (siehe Bild oben) hat er bereits im Jahr 1980 entwickelt: Fundstücke aus dem Alltag hat er in einen Keramik-Rahmen gestellt, diese Spuren dokumentieren für ihn den Weg der Passion. Der Komponist Gerhard Lampersberg hat auf diesen Kreuzweg geantwortet und zwölf Texte dazu verfasst. Für fast zwei Jahrzehnte verschwanden sowohl der Kreuzweg als auch die Texte. Beide wurden wieder gefunden und nun erstmals zusammengefügt: Für die Fastenzeit 2021 wurde eine Video-Arbeit erstellt. Der Kreuzweg aus Fundstücken kann nun im Internet betrachtet werden.
Bildtext: Ein Kreuzweg aus Fundstücken. Eine Milchkanne, „Mülibitsch‘n“ genannt, findet sich in der vierten Station des Kreuzwegs, den Franz Josef Altenburg bereits in den 1980er-Jahren gestaltet hat. Im klassischen Kreuzweg begegnet Jesus in der vierten Station seiner Mutter.
Links: www.hausderfrau.at, Kreuzweg: https://vimeo.com/508628160/6033542159
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