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Die Temperaturen in der Krypta sind zur Zeit frisch. Die zwei Restauratorinnen Ilse Prenner und Magdalena Adam sind zwar warm angezogen, die Finger werden nach ein paar Stunden trotzdem klamm. Die Kälte ist Teil ihrer Arbeitsbedingungen, denn sie arbeiten nicht nur im temperierten Atelier, sondern dort, wo die Alte Kunst oft anzutreffen ist: in Museen, Schlössern, Stiften und Kirchen. In diesen Tagen steht die Restaurierung der „Gloriole“ an. Der Strahlenkranz über der Linzer Domkrippe ist wunderschön gearbeitet. Darin sind sich die Kunstkenner/innen einig – und auch Ilse Prenner teilt diese Ansicht: „Ich habe so etwas noch nie gesehen und bin begeistert. In vier Ebenen hat Sebastian Osterrieder die Gloriole gestaltet. Wenn sie so mächtig über der Krippe schwebt, ist das einzigartig“, beschreibt Prenner die Besonderheit dieser Gloriole. „Die 42 Figuren sind bis ins kleinste Detail gearbeitet. Sie sind sehr gut geschnitzt!“, ist sie voll des Lobes für den Domkrippen-Künstler Sebastian Osterrieder. Die Linzer Domkrippe wurde in den Jahren 1908 bis 1913 von ihm errichtet.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass es eine große Auswahl an engagiert singenden, flötenden, streichenden und orgelspielenden Engeln gibt. Sie sitzen auf silber-glänzenden Wölkchen, tröten und flöten einander zu und singen zur Ehre Gottes. Beeindruckend: auch die Bogenhaltung oder der Flötenansatz passen. Krippenkünstler Osterrieder war ein guter Beobachter und konnte dies mit seiner Schnitzkunst detailgetreu umsetzen.
In den letzten 100 Jahren sind den Musikerinnen und Musikern Teile der Instrumente abhanden gekommen, es gibt so manche Fehlstellen, eine Staub- und Schmutzschicht hat sich über Figuren und Wolken gelegt, von manchem Engel hat sich im Lauf der Jahre sein Ober- oder Unterteil gelöst oder er hat gar seine Flügel eingebüßt, kein Teil ging aber für immer verloren. Folgende restauratorische Maßnahmen sind notwendig: „Wir haben zunächst die Oberflächen gereinigt, denn Staub- und Schmutzschichten können ein Nährboden für Mikroorganismen sein, die die Objekte ‚fressen’“, berichtet Prenner. Unschöne Retuschen vergangener Jahre werden entfernt, durch die Reinigung mit Pinsel und Staubsauger werden ursprüngliche Lasuren wieder sichtbar, der Grauschleier verschwindet, der alte, ursprüngliche Glanz kehrt zurück. Verleimungen werden neu gemacht und die Engelsfiguren gefestigt. „Das oberste Interesse ist, das Original zu erhalten. Retouschiert wird nur dort, wo es notwendig ist!“, erklärt Prenner. – Eine Woche werden die Arbeiten in der Krypta dauern. Dann geht es für die beiden wieder zurück ins Wiener Atelier. Dort warten die Heiligen Drei Könige, Kamele und andere Tiere auf ihre umsichtige Behandlung, damit sie im Advent wieder an ihrem angestammten Platz und mit ursprünglicher Strahlkraft in die Domkrippe zurückkehren können.
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