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Klar war dem Redaktionsteam im Jahr 1971, dass die strenge Erziehung noch gang und gäbe war: „Erziehung zu Gehorsam, Respekt und Verzichtenlernen (...) sind nach wie vor schillernde Ideale.“ Mit den Verfechtern dieser pädagogischen Traditionen wollte man sich lieber nicht direkt anlegen: Eine „alles über Bord werfende Kritik wäre insofern nicht angebracht, da sich die bisherigen mehr oder minder autoritären Formen in sehr vielen Fällen gut bewährt haben“. Dennoch wurde über die antiautoritäre Erziehung wohlwollend berichtet und die Prinzipien des britischen Reformpädagogen A.S. Neill angeführt: Sein Hauptanliegen sei „das freie Kind“, das infolge seiner natürlichen Erziehung geradezu automatisch die Grenzen zwischen Freiheit und Zügellosigkeit zu ziehen vermöge. „Einschlägige Pädagogen gehen noch einen Schritt weiter: für sie ist die Wurzel der kranken Gesellschaft in der heutigen Zeit in der unfreien Familie zu sehen, in der Familie also, wo das Kind umgeben von Verboten, Geboten, Hemmungen, Tabus und Lügen aufwächst.“ Die Kämpfer für die Idee des Antiautoritären würden feststellen, dass es keine problematischen Kinder, sondern nur problematische Eltern gebe.
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