Wort zum Sonntag
Bei der Begegnung mit Othmar Karas, Vizepräsident des Europaparlaments, ging es vor allem um die Rolle der Kirchen und Religionen in Europa. Karas sieht die Kirchen in der Pflicht, den Menschen in Grundsatzfragen Orientierung zu geben.
Eindringlich mahnte Karas die Kirchen, die Zusammenarbeit untereinander zu intensivieren und gemeinsame Positionen gegenüber der europäischen Politik zu vertreten, um Gehör zu finden. Karas ist im EU-Parlament auch für den strukturierten Dialog mit den Kirchen, Religionsgemeinschaften und Nichtkonfessionellen zuständig.
Das dominierende Thema in Brüssel war und ist aber seit mehr als einem Jahr der Krieg in der Ukraine. Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn sah derzeit für die EU keine andere Möglichkeit, als die Ukraine auch mit Waffen zu unterstützen, wie er der OÖ-Delegation erklärte. Der Aggressionskrieg Russlands sei eine Gefahr weit über die Ukraine hinaus. Den derzeitigen Friedensbemühungen von Papst Franziskus räumte er – „leider“ – keine realistischen Chancen ein.
Dass derzeit in der Ukraine noch kein Zeitpunkt für einen Waffenstillstand zu sehen ist, sei bedauerlich, betonte Obmann Josef Pühringer. Das ändere nichts daran, sich auch weiterhin mit aller Kraft für den Frieden einzusetzen. Nachsatz: „Und dafür auch zu beten.“ Im Blick auf Pro Oriente fügte Pühringer hinzu: „Eine ökumenische Bewegung muss zugleich immer auch eine Friedensbewegung sein.“
Hahn bekräftigte auch, dass er zur EU-Mitgliedschaft für Österreich keine Alternative sehe. Österreich als kleines Land würde international ohne EU-Mitgliedschaft „nirgendwo“ stehen. Bischof Manfred Scheuer erinnerte daran, dass die EU von ihren Wurzeln her ein Friedensprojekt sei und es letztlich zur EU keine Alternative gebe.
Österreichs Botschafter bei der EU, Nikolaus Marschik, berichtete von unterschiedlichen Betroffenheiten der EU -Mitgliedsländer im Blick auf die Ukraine. Klar sei aber auf jeden Fall, dass die EU in den kommenden Jahren verstärkt in Sicherheit und Verteidigung investieren wird. Dieses Geld würde aber an anderen Stellen fehlen, so der Diplomat.
In den Räumlichkeiten des EU-Parlaments besuchte die Delegation eine symbolische Kostbarkeit aus Oberösterreich: ein Friedenskreuz, das Schüler:innen der HTL Wels 2014 an Othmar Karas übergeben hatten. Das Kreuz stehe für Frieden, Versöhnung und Toleranz, hielten Bischof Scheuer und Pro Oriente-Obmann Pühringer gemeinsam fest.
Das Kreuz ist eine verkleinerte Replik des fünf Meter hohen Originals, das seit 2006 auf dem Feuerkogel bei Ebensee steht. Das Kunstwerk besteht aus Metallwürfeln, die Steine aus allen EU-Ländern enthalten: etwa einen Stein aus dem Wiener Stephansdom und einen Brocken aus der ehemaligen Berliner Mauer.
Ein weiteres Thema der OÖ-Delegation, das Josef Pühringer in Brüssel ein großes Anliegen war: „Die weltweite Christenverfolgung ist ein himmelschreiender Skandal. Da kann die EU nicht wegschauen“, mahnte er immer wieder ein: „An die Christenverfolgung dürfen wir uns nicht gewöhnen.“
Der Apostolische Nuntius bei der EU, Erzbischof Noël Treanor, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nach einer längeren Vakanz mit dem früheren belgischen Diplomaten Frans van Daele wieder einen EU-Sonderbeauftragten für weltweite Religionsfreiheit gibt.
Der Besuch der Delegation aus Oberösterreich galt neben den EU-Institutionen auch der Kirche vor Ort. So trafen die Oberösterreicher:innen unter anderem mit dem Bischof von Antwerpen, Johan Bonny zusammen. Bonny, der viele Jahre im vatikanischen Rat für die Einheit der Christ:innen tätig war, äußerte sich zum Stand der Ökumene. Viele offene Fragen ließen sich nicht auf universeller Ebene lösen, so seine Erfahrung. Deshalb müsste man die Ökumene stärker regionalisieren.
Zu Christi Himmelfahrt feierte die Gruppe gemeinsam mit der deutschsprachigen Gemeinde St. Paulus den Festgottesdienst. Laut Pfarrer Wolfgang Severin gehören zwischen 3.500 und 4.000 Personen zur Gemeinde.
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