Wort zum Sonntag
Rom rechnet 2025 mit mehr als 30 Millionen Gästen. Darunter sind nicht nur Menschen, die die Befreiung von Sündenstrafen im Jenseits erhoffen. Was motiviert, im Heiligen Jahr nach Rom zu reisen?
Michael Max: Grundsätzlich entscheiden die Menschen selbst, ob und warum sie kommen. Ich habe keine Umfragewerte, aber erfahrungsgemäß gibt es verschiedene Motivationen: Ein Teil kommt aus touristischem Interesse, weil für das Heilige Jahr besonders viel geworben wird. Ein Teil kommt aus kulturellem Interesse. Es ist schon etwas Besonderes, das buchstäblich nur alle heiligen Zeiten stattfindet! Und viele kommen sicher auch mit religiöser Motivation, um die Gräber der Apostel zu besuchen und Papst Franziskus zu begegnen.
Ist es nicht angenehmer, nach Rom zu pilgern, wenn die Massen nicht ganz so groß sind?
Max: Für viele spielt gerade der gemeinschaftliche Aspekt eine Rolle. Es geht darum, ein Gemeinschaftserlebnis zu haben, den Glauben zu teilen, die Hoffnung zu teilen – das kann und soll eine Bestärkung sein. Es gibt ja viele Veranstaltungen für bestimmte Zielgruppen, ob das Jugendliche sind, Familien, Bruderschaften oder Medienschaffende. Und durch die Heilige Pforte zu schreiten ist auch etwas ganz Besonderes. Es stellt sich dabei die Frage: Was gibt mir Hoffnung? Wie kann ich den Alltag unterbrechen und mein Leben wieder einmal am Wesentlichen ausrichten? Darum geht es im Heiligen Jahr.
Sind Sie selbst einmal durch die Heilige Pforte gegangen?
Max: Ja. Das war im Heiligen Jahr 2000. Meine Schwester hatte im Frühjahr ihr Doktoratsstudium in SantʼAnselmo abgeschlossen. Das war ein Anlass, Rom im Heiligen Jahr zu besuchen. Auch 2025 werde ich durch die Heilige Pforte gehen. Einerseits, wenn ich Pilgergruppen begleite, aber ich möchte auch alleine durchgehen, um diesen Moment für mich persönlich zu nützen. Es wird großen Andrang geben, aber es ist sicher so organisiert, dass jeder und jede die Möglichkeit hat, bewusst über die Schwelle zu steigen. Man kann sich über eine App voranmelden und bekommt ein Zeitfenster zugewiesen.
Wie stressig wird das Heilige Jahr in der Anima?
Max: Die Anima ist eng mit der Geschichte der Heiligen Jahre verbunden. Durch die Heiligen Jahre kamen viele deutschsprachige Pilger und Pilgerinnen nach Rom. Die Anima wurde als Pilgerhospiz gegründet. Bis heute bemühen wir uns um größtmögliche Gastfreundschaft. Wir bieten zwar keine Unterkunft, aber wir sind für Menschen da, wenn sie Information brauchen, Audienzkarten suchen, als Pilgergruppe einen Gottesdienstort suchen, Papstgottesdienste mitfeiern wollen und Ähnliches. Und bei 30 Millionen Gästen ist davon auszugehen, dass der eine oder die andere mit einem Problem zu uns kommt, sei es gesundheitlich oder dass man zum Beispiel bestohlen wurde. Wir sind für die da, die uns aufsuchen. Dafür haben wir unter anderem unser Gemeindezentrum umgebaut und ins 21. Jahrhundert gebracht. Auch für die Anima ist jedes Heilige Jahr ein Anstoß, Dinge anzugehen, die man eh längst machen hätte wollen.
Für die Römerinnen und Römer ist ein Heiliges Jahr eine große Last: Die Preise von Wohnungen steigen enorm, ebenso die Preise in Restaurants. Was ist mit dieser unheiligen Seite des Heiligen Jahres?
Max: Ja, das ist ein großes Problem. Andererseits ist Rom wie keine andere Stadt der Welt an Menschenmassen gewöhnt und für sie gebaut worden. Deshalb meine ich: Rom kann das!
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