Wort zum Sonntag
Vor 350 Jahren war in der thailändischen Hauptstadt Bangkok die erste offizielle katholische Mission errichtet worden. Das Jubiläum ist formaler Anlass des Papstbesuchs in dem buddhistisch geprägten Königreich. Mit an die 400.000 Gläubigen sind die Katholiken unter den 69 Millionen Einwohnern Thailands, die vor allem Buddhisten sind, eine sehr kleine religiöse Minderheit. Sie leben in elf Diözesen mit 436 Gemeinden und 662 Priestern. Papst Franziskus ist nach einer Visite von Papst Johannes Paul II. am 10. Mai 1984 der zweite Pontifex, der das Land besucht.
In Thailand konnte der Papst durchaus zu einer warmherzigeren Atmosphäre beitragen. Anfangs waren Bangkok, und vor allem der König, skeptisch. Die Geste, dass König Maha Vajiralongkorn den Papst bei der Verabschiedung aus dem Palast bis ans Auto begleitete, war nach Aussage von lokalen Organisatoren nahezu einzigartig.
Auch die beiden interreligiösen Treffen in dem mehrheitlich buddhistischen Land könnten positive Auswirkungen haben. In einer Kultur, in der Gesten viel bedeuten, setzte der buddhistische Patriarch ein Zeichen, als er das katholische Kirchenoberhaupt an der Schwelle des Tempels begrüßte. Vor 25 Jahren wurde Vorvorgänger Papst Johannes Paul II. noch im Innern des Gebäudes erwartet.
Beim Treffen in der Chulalongkorn-Universität kam es zu einer weiteren Premiere: Ein gemischter Chor von christlichen Jugendlichen aus den Volksgruppen im Norden Thailands sowie muslimischen aus dem Süden sang das Friedensgebet des Franz von Assisi. Für Thailand, in dem ethnische Minderheiten um Achtung ringen und der Süden unter blutigen Konflikten leidet, ein bedeutsamer Schritt. Gegenseitige Anerkennung sowie Zusammenarbeit unter den Religionen seien „für die heutige Menschheit dringender denn je“, forderte Franziskus in seiner Rede. Er plädierte für den Aufbau einer neuen Dialogkultur. Es gelte, für Menschenwürde und das Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit einzutreten.
Für Thailands katholische Minderheit war der Besuch in jedem Fall ein Höhepunkt. Sie wollte der Papst stärken und forderte ihren Beitrag zur Weltkirche, auch in Form eines Christentums lokaler Prägung mit eigenem Selbstbewusstsein. Damit setzte er das Thema Inkulturation fort, das vor gut vier Wochen die Amazonas-Synode im Vatikan prägte. Um dem Image einer „Religion der Ausländer“ entgegenzutreten, müsse der christliche Glaube „ein thailändisches Gesicht und eine thailändische Gestalt“ bekommen, forderte Franziskus.
Zum Abschluss seines Thailand-Besuchs hat Papst Franziskus die katholische Jugend des Landes bei einer Messe in der Kathedrale von Bangkok zum Festhalten am Glauben und zu Vertrauen in die Zukunft ermutigt.
Am Samstag reiste Franziskus nach Japan weiter. Diese Visite gilt als Herzensangelegenheit des Papstes. Als junger Mann war Jorge Mario Bergoglio in den Jesuitenorden eingetreten mit dem Ziel, als Missionar nach Fernost entsandt zu werden, allerdings entschieden seine Oberen anders. Der nunmehrige Besuch steht unter dem Motto „Schützt alles Leben“ und stammt aus Franziskus‘ Sozial- und Umweltenzyklika „Laudato si‘“.
Im 16./17. Jahrhundert war Nagasaki Zentrum der Jesuiten-Mission; heute ist es Japans katholische Hochburg. Immerhin vier Prozent der Bevölkerung hier sind katholisch. Nach dem Verbot des Christentums und der Ausweisung oder Ermordung ausländischer Missionare hat hier die Kirche fast 300 Jahre lang im Untergrund überlebt. Mit eigenen Riten und einer als buddhistische Figur verkleideten Maria haben Generationen ihren Glauben gelebt und weitergegeben, inklusive Taufen, Gottesdienste, Eheschließungen, Beerdigungen – und ohne Priester.
Während seines Japan-Aufenthalts widmete sich Franziskus natürlich auch seinem Orden, den Jesuiten. Nach einer Frühmesse mit Ordensbrüdern besuchte er die Sophia-Universität, eine von Jesuiten 1913 gegründete Hochschule in Tokio.
Bei seiner Station in Hiroshima verurteilte Papst Franziskus in beispielloser Schärfe den Bau und den Besitz von Kernwaffen. „Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken ist ein Verbrechen, heute mehr denn je“, sagte er am Sonntag am Ort des ersten Atombombenabwurfs der Geschichte. Er sprach von einem Vergehen gegen den Menschen und seine Würde wie auch gegen „jede Zukunftsmöglichkeit“ auf dem Planeten.
In Nagasaki rief Papst Franziskus erneut zu einem Einsatz gegen Wettrüsten und Atomwaffen auf. Am Ort des zweiten Atombombenabwurfs der Geschichte erinnerte er während einer großen Messe, dass Japan wie kaum ein anderes Land „die Zerstörungskraft“ erfahren habe, zu der der Mensch gelangen könne. Im sogenannten Atombombenpark hielt er zudem eine Rede zur Abschaffung aller Atomwaffen. Die Welt lebe in der „perversen“ Annahme, „Stabilität und Frieden auf der Basis einer falschen, von einer Logik der Angst und des Misstrauens gestützten Sicherheit verteidigen und sichern zu wollen“, so Franziskus bei strömendem Regen. „Am Ende vergiftet sie die Beziehungen zwischen den Völkern und verhindert jeden möglichen Dialog“, appellierte der Papst.
In Tokio hat der Papst den Opfern der dreifachen Katastrophe von Fukushima Mut zugesprochen und mehr Unterstützung für sie gefordert. Franziskus erinnerte an mehr als 50.000 Evakuierte der Fukushima-Katastrophe, die seit acht Jahren immer noch in provisorischen Unterkünften wohnen müssten. Mit den Anwesenden hielt der Papst einen Augenblick der Stille für die mehr als 18.000 Todesopfer und ihre Familien.
Die Reden in Nagasaki und Hiroshima waren die politischen Kernstücke des einwöchigen Papstbesuchs in Thailand und Japan.
Wort zum Sonntag
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>