Wort zum Sonntag
Im Franckviertel, dem flächenmäßig kleinsten Linzer Stadtteil, leben mehr als 6500 Einwohner. Der Name des Viertels, das zwischen Mühlkreisautobahn und der Zugstrecke der Westbahn liegt, stammt vom Kaffeeerzeuger Karl Franck.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts zogen vor allem Arbeiter:innen und ihre Familien hierher. Heute gehören nicht einmal ein Fünftel, also 1.200 Menschen zur katholischen Kirche. Die Pfarre Don Bosco, deren Gebiet deckungsgleich mit dem Franckviertel ist, betreibt ihre Seelsorge demnach von einer Minderheitenposition aus. Nicht zuletzt, weil man sich für das ganze Viertel zuständig sieht, wurde das Projekt Sozialraumorientierung heuer ins Leben gerufen. In der Sozialraumorientierung geht es grundsätzlich darum, Lebenswelten der Bevölkerung positiv zu gestalten.
„Missionarische Kirche hat viele Facetten, ich will in der Sozialraumorientierung für das gute Zusammenleben aller Bewohnerinnen und Bewohner im Stadtteil da sein. Ich möchte ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen haben“, sagt Sozialarbeiterin Karin Robbrecht-Roller, die das Projekt leitet. Was sie nicht mag, sind pauschale Zuschreibungen für ein ganzes Stadtviertel: „Ich will die Menschen nicht beurteilen.“
Was jedenfalls nicht stimme, sei der Ruf des Franckviertels als Glasscherbenviertel. „Mit der Wohnqualität sind nach meiner Beobachtung die meisten Bewohnerinnen und Bewohner sehr zufrieden.“ Überhaupt hat sie einen genauen Blick darauf, was im Franckviertel an Initiativen schon vorhanden ist und hier ergibt sich ein buntes, vielfältiges Bild.
Es herrscht offenbar eine gute Grundstimmung, sodass viele etwas zum Gelingen ihres Viertels beitragen wollen. „Die Sehnsucht nach gelingender Gemeinschaft ist spürbar“, sagt Robbrecht-Roller. Das zeigt sich unter anderem beim Kiosk im Franckviertel, ein teilweise unter Denkmalschutz stehender Pavillon im Eigentum der Stadt Linz. Mehrere Anrainer:innen des Franckviertels haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass das leer stehende Gebäude sinnvoll als Treffpunkt genutzt wird. So werden in den Schaufenstern Franckviertler Künstler:innen präsentiert und jeden Dienstag gibt es hier ein Nachbarschaftscafé.
Eine weitere aktive Gruppierung ist etwa „Friends of Franckviertel“, ein Verein, der kooperative Projekte zur sozialen und kulturellen Entwicklung im Linzer Franckviertel auf die Beine gestellt hat. Zu den Aktivitäten zählten bislang unter anderem Sprach- und Lerncafés sowie Näh- und Kochkurse.
Neben all diesen Initiativen will die Pfarre Don Bosco auch selbst Akzente fürs Franckviertel setzen. Ein Vorteil ist, dass man hier nicht bei null anfangen muss. Gegenüber der katholische Kirche und der Pfarre sind viele Bewohner:innen positiv eingestellt. „Da zehren wir sicher auch noch von der Arbeit der Salesianer Don Boscos“, erzählt Karin Robbrecht-Roller. Bis 2019 war der Salesianer-Orden für die Seelsorge im Franckviertel zuständig.
Besonders der im Jahr 2016 verstorbene Pater Karl Bleibtreu galt als aktivster Netzwerker im Stadtteil. Hunderte Jugendliche betreute er, wobei er mit vielen auf dem Sportplatz gegenüber der Pfarre in Kontakt kam. Da der Grund von der Diözese mittlerweile verkauft wurde, steht der Platz heute in dieser Form nicht mehr zur Verfügung. Dennoch wäre es wichtig, die Kinder- und Jugendbetreuung der Pfarre wieder auszubauen, findet Karin Roller-Robbrecht. Der Bedarf sei im Franckviertel sehr groß. Ein Vorbild für die Pfarre Don Bosco könnte das Kidszentrum Turbine der Pfarre Auwiesen sein, eine offene Freizeiteinrichtung für 9- bis 14-Jährige.
Etwas konkreter sind bereits andere Vorhaben, die aus der Sozialraumorientierung hervorgehen. So ist ein monatlicher Sprechtag der Caritas-Sozialberatung in der Pfarre geplant. Außerdem werden beim Sozialprojekt „72 Stunden ohne Kompromiss“ im Oktober Jugendliche einen Tag mit Geflüchteten im Altersheim arbeiten. Und nicht zuletzt wird im Advent ein weiterer Akzent gesetzt, wenn Lebensmittel in der Pfarre an Bedürftige verteilt werden.
Mit der Gründung der Pfarre 1927 wurde den Salesianern Don Boscos die Seelsorge im Franckviertel übertragen. Von Anfang an bildete die Kinder- und Jugendbetreuung einen Schwerpunkt. Seit dem Weggang der Salesianer 2019 wird die Pfarre von Pfarrprovisor Christian Zoidl begleitet und von Sr. Veronika Sturm die Kinderbetreuung wahrgenommen.
Der Pfarrgemeinderat engagiert sich auch durch Vernetzung mit anderen sozialen Einrichtungen. Seit Anfang 2023 geschieht dies insbesondere durch das Projekt der Sozialraumorientierung.
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