Wort zum Sonntag
Gespannte Erwartung – zwischen Nüchternheit und Zuversicht – war am Samstagmorgen, 17. November, zu spüren, als die rund 220 Teilnehmer/innen am zweiten Diözesanforum im laufenden Zukunftsprozess „Kirche weit denken“ im Bildungshaus Schloss Puchberg eintrafen. Dass Diözesanbischof Manfred Scheuer an diesem Tag die Weihebedingungen für das Priesteramt lockern würde, wie eine Tageszeitung mutmaßte, erwartete niemand. Überraschendes hatte er dennoch im Gepäck. Als nach der abschließenden Messfeier die Leute am Abend nach Hause aufbrachen, war eine gelöste Stimmung zu spüren. Es ist an diesem Tag etwas Wichtiges geschehen, das sagten und spürten viele. Das Pendel schlägt aus Richtung Zuversicht.
Zwei Schritte vor allem sind es, die diese Zuversicht bekräftigten, und für die viel Beifall kam: Schritt eins: Generalvikar Severin Lederhilger und die Direktorin für pastorale Berufe Brigitte Gruber-Aichberger trugen die geplanten Veränderungen für die Taufpastoral in der Diözese Linz vor. Künftig werden auch Lai/innen in der Diözese Linz das Taufsakrament spenden. Nach dem Kirchenrecht „ordentliche Taufspender“ werden weiterhin Kleriker – Priester und Diakone – sein. Doch um der Qualität, dem Sinn des Tauf-Sakraments und den Menschen, die um die Taufe bitten, Rechnung zu tragen, ermöglicht Bischof Manfred Scheuer nun auch außerordentliche Beauftragungen zur Feier der Taufe: Generell gilt diese Erlaubnis für alle Pfarrassistent/innen im eigenen Pfarrgebiet, wenn die zuständigen ordentlichen Taufspender abwesend oder verhindert seien, unter bestimmten Voraussetzungen auch für entsprechend qualifizierte Pastoralassistent/innen. Bereits unter Bischof Maximilian Aichern hatte es im Einzelfall außerordentliche Beauftragungen gegeben, doch wurden diese 2008 unter Bischof Ludwig Schwarz nach einer Anfrage an Rom wieder zurückgenommen. Wie Bischof Scheuer mitteilte, habe er die jetzige Entscheidung auch den Mitgliedern der Bischofskonferenz „mitgeteilt“.
In der Praxis bedeutet das vor allem für die betroffenen Seelsorgerinnen und Seelsorger eine große Erleichterung. Generalvikar Lederhilger – Professor für Kirchenrecht – weiß die neue Regelung vom Kirchenrecht her abgesichert, vor allem unter Berücksichtigung der Prinzipien von Papst Franziskus, dass rechtliche Bestimmungen mit Hausverstand zu interpretieren und anzuwenden wären.
Der zweite Schritt: Bischof Manfred Scheuer hat an Papst Franziskus einen Brief geschickt. Bei den Dekanatsvisitationen und auch im Rahmen des Zukunftsprozesses hat er ein „Rumoren in der Diözese“ wahrgenommen. Vor allem die Frage der Zulassungsbedingungen zu den Weiheämtern wurde immer wieder angesprochen. „Wir wollten nicht, dass der gesamte Zukunftsweg von diesem Rumoren geprägt ist“, betonte Scheuer. Deshalb habe er sich zusammen mit dem Generalvikar entschieden, in einem Brief den Papst über die Situation in der Diözese Linz zu informieren. Über Gelingendes und die Grundhaltung der Hoffnung, die in der Diözese lebe und für ihn immer wieder erfahrbar werde, aber auch über die Sorgen – vor allem in Bezug auf die personelle Situation, den Mangel an Priestern und deren Überalterung. Er habe im Brief auch auf die Eucharistie als Quelle, Mitte und Höhepunkt kirchlichen Lebens hingewiesen und auf diesem Hintergrund formuliert, was im Kirchenvolk gefordert werde: die Veränderung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt – die Weihe von sogenannten „viri probati“ (bewährten verheirateten Männern) und die Entbindung vom zölibatären Gelübde unter Beibehaltung des geistlichen Amts – sowie die Weihe von Frauen zu Diakonen. Solche Schritte wären dringend und notwendig, das Zeitfenster für Lösungen beginne sich zu schließen, unterstrich Bischof Scheuer die Dringlichkeit An die Versammlung richtete er die Bitte, „dass wir unseren Weg in der Einheit mit der Gesamtkirche gehen“.
Beim Abschlussgottesdienst ging Bischof Scheuer noch einmal auf den Zukunftsweg der Diözese Linz ein: „Dieser Zukunftsweg ist nicht gerade eine Autobahn“, es gelte die „Todeserfahrungen, dass etwas stirbt und weh tut,“ anzunehmen. Man dürfe jedoch nicht bei einer bloßen Analyse stehenbleiben, es brauche die Weiterentwicklung.
„Neue Sichtweisen für neue Zeiten“ – unter diesem Titel wurde eine „Fortschreibung der pastoralen Leitlinien“ für die Diözese Linz diskutiert. Die katholische Kirche soll ihre Pastoral an den Entwicklungen orientieren: religiöser Glaube individualisiert sich, Menschen werden von ganz unterschiedlichen religiösen Traditionen beeinflusst und leben ihr Christentum in freier Entscheidung. Die Umbrüche der Zeit müssten wahrgenommen und angenommen werden, um den Wandel gestalten zu können. „Nur, was angenommen ist, kann auch gewandelt werden“, meinte der Erfurter Bischof Joachim Wanke in seinem spirituellen Impuls am Anfang des Diözesanforums (siehe „Der Weg in die Tiefe“).
Einige geplante Maßnahmen wurden am Samstag bereits vorgestellt. So soll mit den Kirchenbeitragstragszahler/innen, die zum Großteil kaum Verbindung mit ihrer Kirche haben, der Kontakt verbessert werden – etwa durch ein zweimal jährlich erscheinendes Magazin unter dem Titel „Grüß Gott!“.
Mit Spannung wird man auf den 18. Jänner 2019 warten: An diesem Tag sollen bei einem weiteren Diözesanforum erstmals „Strukturmaßnahmen“ vorgestellt werden, wie die Kirche vor Ort in Zukunft gestaltet werden kann. In der Folge sollen diese Maßnahmen auf breiterer Ebene diskutiert werden, um im November 2019 bei einem weiteren Forum zu Ergebnissen zu kommen.
Bischof Joachim Wanke beim Diözesanforum
Eine wirkliche, absichtslose Nähe zum anderen gilt es glaubhaft zu machen – dann öffnen sich oftmals die Herzen. So erzählte es Bischof Joachim Wanke aus Erfurt im Rahmen des Diözesanforums im Bildungshaus Schloss Puchberg. Die Chance kirchlichen Wirkens sieht er vor allem darin, in der zunehmenden Vereinzelung der Menschen Beziehungsnetze zu knüpfen.
Bischof Wanke hat das im Osten Deutschlands immer wieder erlebt: Nach der langen Epoche des antireligiösen DDR-Staates, die zu einer weitgehenden Entkirchlichung geführt hat, erlebt es Bischof Wanke heute so: Menschen wollen Gesicher sehen und nicht auf Institutionen verwiesen werden oder Werbezettel in die Hand gedrückt bekommen. Deshalb sei die persönliche Begegnung so bedeutsam, meinte er bei einem Vortrag am Freitagabend. „Wir leben jetzt religiös, christlich gesehen ehrlicher.“
Auch das Forum am Samstag begann mit einer gemeinsamen Besinnung mit dem Erfurter Bischof. In Ostdeutschland begegne er oft einer Haltung, die meint, der Glaube verderbe das Leben, mache es eng und kleinkariert, schilderte Wanke. Menschen, die so empfinden, gelte es zunächst anzunehmen, denn „was nicht angenommen wird, kann nicht verwandelt werden“. So regt Wanke zu einer „geistigen Tiefenbohrung“ an, um den Grundwasserspiegel des Glaubens, Hoffens und Liebens anzuheben – auf sehr einfache Art und vor allem durch Vertiefung und Begegnung. „Seelsorgliche Strategien sind das eine, aber Halt geben und Zukunft eröffnen kann nur der Weg der Vertiefung“, meinte Wanke.
Wort zum Sonntag
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
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