Wort zum Sonntag
Herr Brandstetter, Sie waren1983 der erste Theologe in der Diözese Linz, der mit seiner Familie in einen Pfarrhof gezogen ist und als Pfarrassistent die Pfarre geleitet hat, obwohl es diese Funktion noch gar nicht gab. Wie ist es dazu gekommen?
Reinhard Brandstetter: Ich war gerade dabei, mich von der Jugendarbeit in der Pfarre Steyr-Ennsleite zu verabschieden und ganz als Religionslehrer zu arbeiten. Da hat mein Freund Ludwig Walch zwei Pfarren übertragen bekommen und mich gebeten, ihm zu helfen. Uns wurde bald klar, dass es sinnvoll ist, dass ich die gesamte Leitungsverantwortung für Kleinraming übernehme und er die priesterlichen Dienste. Jeder von uns beiden hat die Arbeit getan, die die Kirche vorsieht. Wir haben dazu keinen Diözesanprozess
gebraucht. Dass das Modell der geteilten Leitung von Anfang an bei den Kleinramingern so guten Anklang gefunden hat, freut mich wirklich. Ich habe übrigens nie liturgische Übergriffe begangen. Dafür bestand auch kein Grund, denn wir haben zusätzlich zu Pfarrer Walch immer wunderbare Aushilfspriester gehabt. Erst als kein Priester mehr für die Feier der Sakramente zur Verfügung stand, haben wir das selbst übernommen: Wort-Gottes-Feiern, Taufen und Begräbnisse.
Sehen Sie einen roten Faden in Ihrem Wirken?
Brandstetter: Ich würde sagen: das gemeinsame Gotteslob, die qualitätsvolle Feier der Liturgie.
Warum dieser Schwerpunkt?
Brandstetter: Die Liturgie unterscheidet uns von allen anderen Institutionen dieses Planeten. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal, die Feier am Tag der Auferstehung. Christen vertrauen sich dabei Jesus an, der sie mit Gottvater in Verbindung bringt.
Was macht eine gute Liturgie aus?
Brandstetter: Dass jede und jeder Einzelne mit Gott in Berührung kommt. Dafür ist das Beste gerade gut genug: die beste Musik, die bestvorbereitete Predigt, der beste Einsatz von Licht, der beste Gebrauch von Laut und Leise. Wir leisten uns auch einmal im Jahr einen Liturgiewissenschaftler, der uns weiterbildet.
Wie feiern Sie konkret?
Brandstetter: Wir ziehen immer durch das Kirchenschiff ein, halten eine Evangelienprozession und haben bei heiligen Messen oft die Kommunion unter beiderlei Gestalt als Unterscheidungsmerkmal zu den Wort-Gottes-Feiern. Wir achten auf gute Musik, weil das die Leute anzieht. Zehn Kantoren und 20 Lektoren sind bei uns im Einsatz.
Wie nimmt die Pfarrbevölkerung das an?
Brandstetter: Mich freut sehr, dass die Kleinraminger für die Liturgie so aufgeschlossen sind. Ich merke, mit welcher Begeisterung auch die Ministranten beim liturgischen Geschehen sind. Bei uns ist die Jugendarbeit sehr auf die Liturgie ausgerichtet. Wir haben keine Jungschar, aber fast 50 Ministranten. Und der Kirchenchor ist ebenfalls eine Säule der Pfarre: Da treffen sich wöchentlich 40 Menschen, um sich mit der Liturgie zu beschäftigen.
Vermutlich werden trotz allen Einsatzes auch in Kleinraming die Gottesdienstteilnehmer weniger.
Brandstetter: Leider. Das ist ein Schmerz. Sonntags kommen knapp 300 Leute in den Gottesdienst, vor 30 Jahren waren es doppelt so viele.
Was hat sich verändert?
Brandstetter: Ich weiß es nicht wirklich. Ich weiß nur, dass das Zweite Vatikanische Konzil die Treueerklärung der Kirche an die Menschen ausgesprochen hat. Daher lautet unser Auftrag, die Frohe Botschaft den Menschen nachzutragen, wo immer sie sich befinden. Frère Roger Schutz von Taizé hat beim Sterben als sein letztes Wort gesagt: „Ausweiten“. Das sollten wir uns gut einprägen.
Wie geht es in Kleinraming weiter?
Brandstetter: Als Religionslehrer bin ich seit 1. September in Ruhestand, ich leite die Pfarre noch ein Jahr, bis unser Pfarrleitungsteam seine Ausbildung abgeschlossen hat. Dann werde ich als Pfarrassistent in Pension gehen und das Pfarrleitungsteam und ein priesterlicher Begleiter werden meine Aufgaben übernehmen. Dann bemühe ich mich sehr, nicht in die Altbauern-Falle zu tappen und nicht zu jammern, dass früher alles besser war. «
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