Wort zum Sonntag
Fast 70 Jahre ist das mittlerweile her, doch an die langen Fußmärsche durch die verschneite Landschaft des Mühlviertels kann sich Josef Miesenberger noch sehr gut erinnern.
Im Jänner 1955 war der damals Zwölfjährige Sternsinger in seinem Heimatort Tragwein. „Wir waren eine Gruppe von fünf Buben, die für das gesamte riesige Gemeindegebiet von 40 Quadratkilometern zuständig waren“, erzählt Josef Miesenberger. Die fünf waren eine Woche lange ohne erwachsene Begleiter:innen von früh bis spät unterwegs, um bei allen Bewohner:innen von Tragwein anzuklopfen. „Die Leute haben sich narrisch gefreut, wenn wir gekommen sind, und viele haben uns versorgt mit Keksen und einer Jause“, sagt Miesenberger. Während er durch einen Umzug ins Internat nach Freistadt nur in diesem einen Jahr in die Königsrolle schlüpfen konnte, war der Jahreswechsel 1954/1955 der Beginn der organisierten Sternsinger-Aktion, wie man sie heute überall kennt.
Gab es in den Anfängen nur eine Handvoll Sternsinger:innen, sind inzwischen jedes Jahr 16.000 Sternsinger:innen allein in Oberösterreich unterwegs, wo sie vergangenes Jahr rund 4,2 Mio. Euro sammelten.
Der Großteil wird bei der Sternsingeraktion übrigens laut Jungschar immer noch mit Bargeld gespendet, wobei heuer zum ersten Mal in ein paar Pfarrgemeinden digitales Spenden direkt an der Haustür mit einem „Sternsingen-Giro-Code“ ausprobiert wird.
Die Sternsinger:innen segnen traditionell die Häuser mit den Buchstaben C+M+B, eingerahmt von der Jahreszahl. Ursprünglich sollen das die Initialen der Namen Caspar, Melchior und Balthasar gewesen sein. Inzwischen interpretiert man die Buchstabenfolge jedoch als Segensspruch „Christus mansionem benedicat“: Christus, segne dieses Haus.
Im Matthäus-Evangelium ist von den „Magiern aus dem Osten“ die Rede. Ob es wirklich drei waren, lässt sich nicht bestätigen. Im 6. Jahrhundert wurden aus den Magiern Könige, weil man annahm, dass nur Könige Königsgeschenke wie Gold, Weihrauch und Myrrhe überreichen können.
Klar ist, dass die Vorläuferformen des Sternsingens teilweise bis ins Mittelalter zurück reichen. Außerdem hatte es vereinzelt während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg lokale Initiativen gegeben, um den Brauch des Sternsingens zu beleben. Die Jungschar verfolgte dadurch das Ziel, die Sternsingeraktion in ganz Österreich zu etablieren.
Wesentlich zum Erfolg trage bei, dass die Aktion vom ehrenamtlichen Engagement von Kindern und Jugendlichen gestützt wird, sagt Jana Hofer von der Katholischen Jungschar der Diözese Linz. Die Sternsingeraktion sieht sie als eine bereichernde Kombination. Denn zum einem wird der weihnachtliche Segen zu den Menschen in Österreich gebracht, und zum anderen werden Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika nachhaltig durch die Spenden der Sternsingeraktion unterstützt.
„Brauchtum muss sich verändern, damit es lebendig bleibt“, sagt Jana Hofer. „Zum Beispiel gingen in den ersten Jahren nur Buben Sternsingen, das wäre heute undenkbar. Rund zwei Drittel der Sternsinger:innen sind ja Mädchen“, betont Jana Hofer. Auch davon, dass fast immer einer der Könige schwarz geschminkt wird, ist man in den meisten Pfarren abgerückt. „In der Bibel wird von ,Weisen aus dem Morgenland‘ erzählt. Erst im Mittelalter wurden dann drei Könige aus Afrika, Asien und Europa mit unterschiedlichen Hautfarben dargestellt. Diese Symbolik passt heute nicht mehr, weil auf allen Kontinenten Menschen unterschiedlicher Hautfarbe leben. Deswegen empfehlen wir den Pfarrgemeinden, auf das Schminken von Hautfarben zu verzichten und unterstützen sie bei der Umsetzung“, sagt Jana Hofer. So oder so sei Sternsingen für Kinder und Jugendliche jedenfalls eine tolle Action, die ihnen Spaß mache.
Jana Hofer: „Für die Kinder ist es eine Freude, sich zu verkleiden und die Leute zu besuchen. Die Kinder wissen zudem, dass vieles auf der Welt nicht in Ordnung ist. Mit dem Sternsingen haben sie die Möglichkeit, aktiv zu werden und etwas zu tun, damit unsere Welt besser wird.“
Anlässlich des Jubiläums „70. Sternsingeraktion“ holen die Jungschar und die Kirchenzeitung all jene Menschen vor den Vorhang, die als Sternsinger unterwegs waren und sind.
Teilen Sie Fotos vom Sternsingen mit uns, aktuelle wie historische. Vielleicht haben Sie auch Bilder, auf denen Sternsinger:innen mehrerer Generationen zu sehen sind. Beschreiben Sie das Foto kurz: Wer ist zu sehen? Wo waren die Personen tätig und wann?
Einsendeschluss bis 13. 12. an office@kirchenzeitung.at. Veröffentlichungen in der Kirchenzeitung vom 4. 1. 2024 und auf den Social-Media-Kanälen der Kirchenzeitung und Kath. Jungschar der Diözese Linz.
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