Wort zum Sonntag
Nein. Christlicher Glaube macht vieles unglaublich kompliziert. Man beginnt die Welt zu hinterfragen. Muss alles so sein, wie es ist? Warum verkündigt Jesus das Reich Gottes, und trotzdem scheint alles einfach so weiterzulaufen wie zuvor? Menschen lügen weiter, Menschen bekriegen sich weiter, Menschen streuen Unfrieden. Gott und deinen Nächsten sollst du lieben, und wirklich jeder kann dein Nächster sein. Das ist doch zu viel verlangt in einer Welt, die so grausig und düster ist, in der alles zu spät ist und du niemandem vertrauen kannst. Christlicher Glaube also als rabenschwarzer Pessimismus?
Nicht unbedingt. Wir hätten auch die rosa Brille im Angebot. Alles wird gut!, flüstern die Verführer: Jetzt und sofort, wenn du nur dem „christlichen“ Führerangebot folgst. Für jede Frage gibt es eine Antwort, einfach, schnell, sofort. Der Chef hat das Werkzeug schon parat.
Interessanterweise scheinen beide „Glaubensvarianten“ verknüpft. Die Panikmache des Pessimismus bereitet den Weg für die einfachen „Lösungen“ der Verführer und Falschmünzer. Alles wird gut – mit mir und meinem Handbuch. „NUR für DICH.“
Christlicher Glaube aber ist weder einfach, noch eine Lösung. Christlicher Glaube öffnet die Augen für das Leiden, die Abgründe, die Trauer und Tränen in dieser Welt. In diesem Sinne ist er Offenbarung – eröffnend, enthüllend.
Christlicher Glaube bleibt aber nicht stehen bei der Enthüllung. Aus dem Leben, Sterben und Auferstehen des Jesus von Nazareth, der sich als der Christus erweist, dürfen wir hoffen und mutig handeln.
Die Tränen sind nicht das Letzte. „Die Träne gibt die falsche Hoffnung auf, wir seien Meister unseres Geschicks. Sie eröffnet den Weg zur wachen Hoffnung auf das, was nicht in unserer Macht steht. Und damit macht sie uns frei zum wirklichen Handeln.
Wir sehen dann das erste Licht des neuen Tags. Die Zeit ist reif“, ermutigte der christliche Philosoph, Physiker und Friedensaktivist Carl-Friedrich von Weizsäcker. Ja, in diesem Sinn macht christlicher Glaube das Leben leichter.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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