Wort zum Sonntag
NEIN. Damit wäre die Frage erledigt, würde ich mir wünschen.
Leider ist dies nicht der Fall. Unsere Kirchen, Gebete, Theologien und Alltagsvorstellungen sind immer noch durchzogen von patriarchalen Verengungen.
Wir übertragen unsere Vorstellungen von „Mannsein“ vielfach auf Gott. Dieser „männliche Gott“ dient wiederum dazu, eine irdische Ordnung zu legitimieren, die „den Mann“ ins Zentrum rückt. Ein gefährlicher Zirkel, der immer wieder in Unterdrückung und Gewalt, insbesondere gegen Frauen, mündet.
Der Schweizer Film „Die göttliche Ordnung“ zeigt eindrücklich, wie in den 1970er-Jahren „mit Gott“ gegen die Gleichberechtigung von Frauen gekämpft wurde. In unseren Tagen erleben wir neuerlich einen Aufschwung von Ideologien, die unter Berufung auf eine „wahre göttliche“ oder „natürliche Ordnung“ Menschen unterdrücken, vor einer „Feminisierung“ von Kirche und Gesellschaft warnen, die den Mann gefährde und widergöttlich oder widernatürlich sei. Ich wünschte, ich würde übertreiben.
Der Prophet Hosea (11,9) bringt es auf den Punkt: „Denn ich bin Gott, nicht ein Mann (isch), der Heilige drinnen bei dir“ (Übersetzung von Martin Buber). Die Bibel gebraucht unterschiedlichste Worte, um sich Gott anzunähern. Gott ist wie ein Hirte (Psalm 23,1), Richter (Psalm 7,12) oder gar Krieger (Exodus 15,3). Und Gott ist wie eine Gebärende (Deuteronomium 32,18), eine tröstende Mutter (Jesaja 66,13), eine wütend-trauernde Bärin (Hosea 13,8).
Immer wieder hört man, dass Gott doch Mann geworden sei in Jesus. Aber in Jesus von Nazareth wird Gott Mensch, der Logos wird Fleisch (sarx), so der Evangelist Johannes. Könnte darin auch eine tiefe Verbindung zur Schöpfungserzählung liegen? Mann und Frau, die ein Fleisch (basar) sind (Genesis 2,24)?
Die Schrift ist Gottes Wort in Menschenworten. Seien wir vorsichtig bei unseren Interpretationen, vor allem, wenn wir damit versuchen zu rechtfertigen, wie Mann und Frau zu sein hätten, was sie dürfen und was nicht. Gott ist Gott, der und die Lebendige, die sich quer durch die Geschichte hindurch je neu dem Menschen offenbart, um allen ein Leben in der Fülle der Freiheit zu eröffnen.
Wort zum Sonntag
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Die Mail-Aktion ist kostenlos, beginnt mit dem Aschermittwoch und endet automatisch am Ostermontag.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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