Jährlich werden rund 500.000 Tonnen Sojaschrott als Futtermittel nach Österreich importiert, aus Ländern wie Brasilien. Der Soja-Anbau bringt Landraub und den Einsatz gefährlicher Pestizide mit sich, sagt der Dokumentarfilmer Thomas Bauer.
In Österreich wird mittlerweile auf 50.000 Hektar Soja angebaut. Hat es eine Chance gegen günstigere Importe aus Übersee?
Thomas Bauer: Man muss das trennen: Österreich ist der drittgrößte Sojaproduzent in der Europäischen Union, aber die Sojabohnen werden fast ausschließlich zu Lebensmitteln verarbeitet. Gutes, teures Soja wird nicht an Tiere verfüttert. Deshalb werden zusätzlich 500.000 Tonnen billiges Sojafuttermittel importiert. Das Schnitzel kostet gleich viel wie vor 40 Jahren, alles andere ist teurer geworden. Dass hier etwas nicht stimmt, muss jedem Konsumenten klar sein.
Brasilien ist eines der wichtigsten Soja-Anbauländer. Wem gehören die Plantagen?
Bauer: Eine Soja-Monokultur ist nur für kapitalstarke Unternehmen aus dem Agrarbereich gewinnbringend. Die Landsituation ist sehr kompliziert. Die größten Verlierer dabei sind unter anderen die Kleinbauern und die Indigenen, die Nachkommen der Ureinwohner. Sie haben Landnutzungsrechte, aber es ist schwer für sie, an Besitzurkunden zu kommen. Wir von der Landpastoral CPT helfen den Kleinbauern dabei. Aber der Staat hat kein Interesse daran, Dokumente auszustellen. Er stützt Exportgüter wie Soja, weil sie nach Meinung des Staates notwendig sind, um die Lebenssituation in Brasilien zu verbessern. Sobald Konzerne oder Großgrundbesitzer mit falschen Dokumenten kommen, weil sie das Land für den Soja-Anbau nutzen wollen oder Rohstoffe gefunden wurden, kann ihnen der Staat die Rechte zuspielen.
In Ihrem Film verlassen Indigene ihr Land, weil sie gesundheitlich unter den Spritzmitteln leiden.
Bauer: Fast 30 verschiedene Pestizide sind in Brasilien erlaubt, die in der EU längst verboten sind. Zusätzlich gibt es Schmuggelware aus Paraguay. Spuren von Pestiziden wurden in der Muttermilch stillender Mütter gefunden. Was das für die Kinder in zehn, zwanzig Jahren gesundheitlich bedeutet, wissen wir nicht. Diese Pestizide sind in den Sojabohnen drin. 94 % der Sojapflanzen sind gentechnisch verändert, das spielt sicher auch eine Rolle, was zukünftige Krankheiten betrifft.
Warum wollten Sie einen Film über Soja drehen?
Bauer: Ich arbeite mit Bauern und Dörfern, die direkt betroffen sind von der gewaltigen Sojaexpansion und um ihren Lebensunterhalt gebracht werden. Auch in Österreich profitieren die wenigsten Landwirte von einem Agrarsystem, das von ihnen verlangt, immer mehr und immer billiger zu produzieren. Fast die Hälfte der Schweinebauern hat in den letzten 20 Jahren zugesperrt. Der Wettbewerb ist auch ihnen gegenüber ungerecht. Der Film ist ein Versuch, Brücken zwischen Brasilien und Österreich zu bauen und zu zeigen, dass das Konsumverhalten in Österreich reelle Auswirkungen in Brasilien hat. Es geht nicht darum, Leute anzuprangern, sondern bewusstzumachen, wie klein die Welt ist. Mehr Information und Transparenz kann schon zu Veränderungen führen. «
Film über Soja in Brasilien
Zur Sache
In dem halbstündigen Film „Soja: Der Fleisch gewordene Wahnsinn“ von Thomas Bauer kommen ein Universitätsprofessor, ein Staatsanwalt, ein Arzt sowie Bauern und Bäuerinnen aus Brasilien und Österreich zu Wort. Was sie erzählen, lässt den Anbau von Soja als Futtermittel auf den brasilianischen Plantagen in einem düsteren Licht erscheinen. Der Landraub verletzt Menschenrechte, der Einsatz von Pestiziden macht Menschen krank und führt bei Tieren zu Fehlgeburten und Tod. Ein Bauer aus Oberösterreich verzichtet seit 1995 auf Soja als Futtermittel: „Ich täte es jedem empfehlen, sich auf diesen Weg zu machen.“ Film online unter: http://graz.welthaus.at/news/soja-der-fleisch-gewordene-wahnsinn