Kinder sind die Zukunft eines Landes. In Rumänien wird auf diese Zukunft nicht immer gut Acht gegeben. Doch es gibt Menschen, die für sie sorgen: Mit einer helfenden Hand auf dem Weg in ein besseres Leben.
Ausgabe: 2018/06
06.02.2018 - Christine Grüll
Komm, Herr Jesus, sei unser Gast“, singen die Kinder, den Kopf geneigt, die Hände gefaltet. Duft von Essen hängt in der Luft. Geräuschvoll setzen sie sich an den Tisch. Zuerst wird die Suppe gelöffelt, dann holen sie die Hauptspeise aus der Küche. Verstohlen blicken sie zu den Gästen aus Österreich. Ein Mädchen ist den Tränen nahe. Sie möchte so gern neben der jungen Betreuerin essen. – Kurze Zeit später sitzen die zehn Buben und Mädchen im Klassenzimmer. Hier, im stillen Schulhaus, können sie in Ruhe ihre Hausaufgaben machen. Zu Hause haben sie keinen Platz dafür. Oder keine Eltern. Oder Eltern, die ihnen nicht helfen können, weil sie nicht lesen können. „Ich mag es hier, weil ich gut lernen kann“, sagt die zwölfjährige Monika und erzählt von ihrem Traum: Sie will die Maniküre-Ausbildung machen. Ein Traum, der durch die Nachmittagsbetreuung der Caritas vielleicht sogar wahr werden könnte.
Große Kinderarmut
„Viele Kinder würden aus der Schule fallen oder ernste Probleme haben“, sagt Adrienn Szigyártá: „Wir helfen ihnen, ihre sozialen Fähigkeiten zu entwickeln, offener zu sein. Manche haben sich anfangs nicht einmal getraut, um einen Spitzer zu bitten.“ Die junge Psychologin der Caritas ist gern bei den sozial benachteiligten Kindern von Sangeorgiu de Padure, auf deutsch St. Georgen auf der Heide. Das Dorf in Siebenbürgen/Transilvanien kämpft mit der Armut. Mehr als ein Drittel der 20 Millionen Rumäninnen und Rumänen ist davon bedroht – und mehr als die Hälfte der Kinder. Das will László Ludescher nicht hinnehmen. Er leitet die Hilfe für Menschen in Not der Caritas Alba Iulia, Partnerdiözese der Caritas OÖ. Seinen eigenen drei Kindern geht es gut. Das will er an andere weitergeben. „Die Tageszentren sind oft das Einzige, was wir für die Kinder und ihre Familien tun können“, sagt László Ludescher. Er ist dankbar für seine Mitarbeiter/innen, die der Caritas trotz des geringen Lohns treu bleiben. Sie betreuen Kranke und Alte zu Hause. Sie bieten frühkindliche Erziehung und Familienhilfe, arbeiten mit Jugendlichen und mit Kindern mit schweren Behinderungen. Wie im Sozialzentrum Márton Àron in Gheorgeni/Niklasmarkt.
Sozialzentrum
Gheorgeni liegt 80 Kilometer entfernt. Die Straßen dorthin führen durch fruchtbare Ebenen und kleine Dörfer, vorbei an sanften Hügelketten. Vereinzelt tauchen Pferdefuhrwerke auf. Dann wieder die Geländewagen einer sehr reichen Oberschicht. László Ludescher erzählt von den Bären. Sie wagen sich immer öfter aus den Wäldern, sogar hinein in die Häuser bis zu den Kühlschränken. In Gheorgeni endet die Fahrt vor dem gelben, freundlichen Gebäude des Sozialzentrums. Es wird mit Spenden aus dem Osthilfefonds der Diözese Linz und der Caritas OÖ unterstützt. Rita Kedves leitet das Haus. Die Ordensfrau hat im letzten Schuljahr 49 Schulklassen besucht. Sie klärt Jugendliche über die Gefahren von Alkohol und Drogen auf. Es kommen auch Jugendliche, deren Eltern alkoholkrank sind. „Das soziale System in Rumänien ist unterentwickelt. Die Menschen wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen“, sagt Rita Kedves in perfektem Deutsch. In einem der Räume hüpfen ein paar Kleinkinder herum. In einem anderen liegt ein schwer beeinträchtigter Bub im Bällchenbad. Eine Physiotherapeutin streichelt ihn. Seine Mutter schaut zu. Ihre Röcke sind lang und bunt – auch Roma-Familien kommen ins Tageszentrum. Das ist nicht selbstverständlich, sagt László Ludescher. Dann will er seinem Besuch noch etwas zeigen: das Roma-Ghetto in Odorheiu Secuiesc/Odorhellen.
Talente fördern
Die Wohnblocks am Rande der Stadt haben schon sehr viel bessere Zeiten gesehen. Über 1000 Roma leben hier, mehr als die Hälfte sind Kinder. Die Volksschule in der Nähe wird ausschließlich von Roma-Kindern besucht. Es hat lange gedauert, bis sie der Caritas-Sozialarbeiterin vertraut haben. Sie hat Emil Szász geholfen, eine Stiftung zu gründen. Emil Szász heißt mit Spitznamen „Schneewittchen“, und er ist hier der Boss. Er kämpft darum, dass die Anliegen der Roma ernst genommen werden. Die Talente der Kinder will er fördern. Ein Mittagessen und Hilfe bei den Hausaufgaben bekommen sie schon. Die Caritas lässt sie nicht im Stich. «