Mit dem Etikett „bio“ wird viel Schindluder betrieben. Das ist ein gängiges Vorurteil. Da macht zum Beispiel die Runde, dass konventionell erzeugte Produkte aus Italien als Bio-Ware deklariert worden seien. Was ist wirklich dran an den Vorwürfen?
Ausgabe: 2014/09, Bio, Kottnig, Arge Bio
25.02.2014
- Ernst Gansinger
„Wir können in Österreich davon ausgehen, dass Bio-Produkte tatsächlich bio sind“, sagt Heidi Kottnig von Arge Bio, einem Verein von Bio-Verarbeitungsbetrieben. Betrug ist nie ganz auszuschließen, die Geschichte zeigt aber, dass das in Österreich faktisch nicht vorkommt. Passieren könnten – sehr selten – Verunreinigungen oder Rückstände, wenn konventionell und biologisch erzeugte Produkte im gleichen Betrieb verarbeitet werden. Manchmal denken Konsumenten auch, Dinkel sei in jedem Fall bio, genauso Lammfleisch. Auch meinen manche, auf einem Bauernmarkt kaufe man automatisch bio.
LebensmittelFairSicherung
Der Bio-Anteil im Lebensmittel-Einzelhandel liegt laut Agrarmarktanalyse der AMA knapp unter sieben Prozent. Bei Fleisch ist er kleiner – 3,5 Prozent, wobei er in den Hofer-Filialen bei 5,5 Prozent liegt. LebensmittelFairSicherung, eine Tochterfirma der Arge Bio, kümmert sich darum, dass Hofer hochwertige und sichere Bio-Lieferanten bekommt. In diese Zusammenarbeit eingebunden sind laut Geschäftsführerin Heidi Kottnig etwa 160 Verarbeitungsbetriebe mit ca. 600 Produkten.
Schutz
Die Arge Bio will das Qualitäts-Merkmal „bio“ schützen. Es gibt viele Kennzeichnungen von Lebensmitteln, die mitunter Konsumentinnen und Konsumenten verwirren. Es wäre einfach, sagt Kottnig: Das EU-Bio-Siegel – ein aus zwölf Sternen geformtes Blatt auf grünem Hintergrund – würde genügen: Damit gekennzeichnete Produkte haben zu 100 Prozent Bio-Qualität. Alle anderen Siegel weisen noch auf zusätzliche Standards hin.
Lebensmittel dürfen nichts kosten
Der Bio-Markt wächst nur langsam. Das Problem ist, sagt Kottnig, die verbreitete Haltung, dass Lebensmittel kaum etwas kosten dürfen. „Bei konventionellen Lebensmitteln wird mit dem Preis geschleudert, es ist zum Weinen.“ Und es macht die Bauern arm. Biologische Produktion kann da wegen der hohen Qualitätsanforderungen (arbeitsintensiver, weniger Tiere auf mehr Platz, nicht so intensive Bodennutzung, ...) nicht mit. Bio-Produkte sind teurer. Doch wer bio kauft, schont das Klima: Einerseits fällt in der Bio-Produktion grundsätzlich weniger CO2-Ausstoß an, andererseits essen Menschen, die sich biologisch ernähren, weniger Fleisch und Wurst.
Viele Auflagen
„Wir müssen dafür sorgen, dass die Biobäuerinnen und Biobauern dabei bleiben, biologisch zu produzieren“, spricht Kottnig eine Sorge an: Oft freue es sie nicht mehr: So viele Auflagen und ständig neue Erschwernisse sind dafür die Ursachen. Die Politik müsste insgesamt die Weichen Richtung Bio-Produktion stellen. Bio soll keine Ecke der Exklusivität sein, sondern der Normalfall.
Weite Wege
Aber gibt es bei bio nicht auch Auswüchse? Strafen Produkte mit weiten Transportwegen nicht die Bio-Idee vom sanften Umgang mit der Umwelt Lügen? – Bio-Äpfel aus Südafrika, Bio-Rind aus Argentinien, Bio-Tomaten aus Spanien. – Heidi Kottnig erzählt dazu ein Erlebnis: Sie besuchte in Griechenland Bio-Bauern, die auf kleinen Feldern Spitzpaprika für Hofer produzieren. Die Jungen arbeiten mit, oft nach Abschluss eines Studiums. Denn es gibt keine Jobs für sie. „Da habe ich mir gedacht: Bin ich froh, dass wir Paprika hereinholen. Wenn Paprika schon außerhalb der Saison bei uns nachgefragt wird, dann so, dass er bio ist und noch dazu Menschen eine Lebensgrundlage gibt.“
Schnelle Küche
Kann man bei Bio-Fertiggerichten wirklich noch von gesund reden, etwa bei Pizzen? Immer öfter werden „bio“ und schnelle Küche miteinander verbunden. Ist die schnelle Küche tatsächlich gesund? – „Halbfertige Produkte müssen nicht schlechter sein. Bio-Spinat aus der Tiefkühltrühe ist zum Beispiel oft sogar gesünder als der selbst geerntete, denn die Verarbeiter achten auf die Erntezeit, um der Gefahr hoher Nitratwerte zu begegnen“, meint Heidi Kottnig von der Arge Bio. Fertigprodukte seien vielfach nicht ungesünder, allerdings verliere unsere Gesellschaft die Kultur des Frisch-Zubereitens und den Bezug zu den Lebensgrundlagen. Kottnig bedauert, dass in den Schulen kaum mehr Kochen auf dem Stundenplan stehe.