Flucht, Vertreibung, Kriege und Seelsorge, vor allem aber Schweigen und Gebet prägen das Leben des 94-jährigen Trappistenmönchs P. Nivard Volkmer.
Ausgabe: 2014/21, Nivard, Volkmer, Trappist, Banja Luka
20.05.2014 - Josef Wallner
„Schreiben Sie nicht zu viel von meiner Person. Das passt nicht zu einem Trappisten“, sagt P. Nivard und lacht herzhaft. Doch er erzählt dann ganz gern von seinem Leben, das von Kindheit an von den Trappisten geprägt ist – neben den Karthäusern der strengste Orden in der katholischen Kirche. Die Trappisten sind der große Schweigeorden, gesprochen wird nur das Notwendigste, der Normalfall ist die Stille.
Die schweigenden Mönche
Der heute 94-jährige P. Nivard wurde in Rudolfsthal, einem deutschen Dorf bei Banja Luka (Bosnien) geboren. Abt Franz Pfanner, der 1869 die Trappistenabtei Maria Stern bei Banja Luka gegründet hatte, holte deutsche Auswanderer und siedelte sie um das Kloster an. P. Nivard stammt aus einem solchen Dorf und hat schon als Volksschüler die schweigenden Mönche kennengelernt. Sie faszinierten ihn – die Brüder, die im Dorf eine Landwirtschaft betrieben, und die Priester, bei denen er ministrierte. Mit elf Jahren ging P. Nivard – damals hieß er noch Paulus – in die Internatsschule von Maria Stern mit der Absicht, Mönch zu werden. „Ich bin in das Trappistenleben hineingewachsen. Aus tiefstem Herzen bin ich überzeugt: Das Gute kommt aus der Stille, aus dem Schweigen.“ Bald wurde die Stille und Beschaulichkeit des Ordenslebens vom Kriegslärm zerrissen.
Flucht und Vertreibung
Unter Lebensgefahr – die Tito-Partisanen waren schon allgegenwärtig – schlug sich P. Nivard am 14. Mai 1944 zum Bischofshaus in Banja Luka durch. Mit drei weiteren Kandidaten wurde er zum Priester geweiht. „Nach dem Gottesdienst haben wir miteinander Kaffee getrunken. Das war das ganze Fest“, erzählt er. Einige Zeit später konnte er mit seiner Familie und dem Dorf die Primiz feiern. Aber die Tage in Banja Luka waren gezählt. Im September 1944 evakuierte die deutsche Wehrmacht die Region. Alle Deutschen, auch die deutschsprachigen Mönche, mussten gehen. P. Nivard wurde Kaplan in der Heimat seiner Vorfahren, in Schlesien, von wo er 1946 aber vertrieben wurde. „Gott sei Dank in den Westen! Als wir in die Viehwaggons mussten, befürchteten wir, dass es Richtung Sibirien geht.“
Verstärkung für Engelszell
1951 gingen die Maria Sterner Trappisten nach Engelszell, um die oberösterreichische Gemeinschaft zu verstärken, die durch den Krieg von 73 auf 22 Mönche zusammengeschrumpft war. Da kamen die 20 Ordensleute aus Maria Stern gerade recht. P. Nivard hat zusätzlich zu seinen Aufgaben im Kloster in den Pfarren rund um Engelhartszell ausgeholfen und war Seelsorger für kroatische Ordensfrauen. Von 1991 bis 2002 ging er während des „Großserbischen Bürgerkriegs“, wie er den Krieg nennt, nach Maria Stern zurück, um das Trappistenkloster neu zu beleben und als Pfarrer rund um die Abtei tätig zu sein. Seit 2002 ist P. Nivard wieder zurück.
Meinen Mann stellen
Fragt man ihn nach dem Faszinierenden des Trappistenlebens zuckt er mit den Schultern: „Ich bin hineingewachsen und ich konnte mir nie etwas anderes vorstellen, als Trappist zu sein. Ich bin dankbar, dass ich meiner Berufung treu geblieben bin. Gott hat meinen Beruf gelenkt.“ In den Herausforderungen des Lebens versuchte er einfach seinen Mann zu stellen, ergänzt P. Nivard. Er erinnert an den Spruch, den er auf sein Primizbild drucken ließ und der seine Spiritualität zusammenfasst: „Lass meine Seele, Herr, ein Leuchten sein und meine Hände, Herr, ein stiller Segen für alle, die da müd und wartend stehen an meinen bunt verzweigten Wegen.“ – Das Gespräch ist zu Ende. Ein Betreuer schiebt P. Nivard mit seinem Rollstuhl in Richtung seiner Zelle. Da dreht sich der Trappist um und sagt: „Ich liebe die Stille. Die Liebe sucht die Stille.“