In der Hektik der Vorweihnachtszeit wünschen sich viele, dass die Uhr stehen bleibe. An die innere Uhr denken sie dabei nicht. Ein Unter Uns von Ernst Gansinger.
Ausgabe: 2014/51 Uhr, Hektik, Vorweihnacht
16.12.2014
- Ernst Gansinger
In der Vorweihnachtszeit, wenn die Hektik dem Höhepunkt zutreibt, wünschen sich viele, dass die Uhr stehen bleibe. Sie möchten, dass die Sekunden und Minuten die Zeit nicht gnadenlos weitertreiben und sich zu davonlaufenden Stunden häufeln. Haltet die Uhr an, schreien die Getriebenen in sich hinein.
Und das Wunder geschieht: die Uhr bleibt stehen, zählt die Minuten nicht mehr herunter. Sie bleibt hängen, einmal bei drei Minuten, dann bei vier, ein anderes Mal bei einer Minute. – Dieses Wunder kann in Stau-Stoßzeiten an den Haltestellen der Öffis in Linz täglich mitgefeiert werden: Auf den elektronischen Anzeigetafeln wird man darüber informiert, wie lange noch auf das Eintreffen des nächsten Busses, der nächsten Straßenbahn, zu warten ist. Im Takt zählt die Leuchtschrift herunter. Ungeduldig zappeln die Blicke zur Tafel, die Füße am Gehsteig und die Gedanken zum Zu-erledigen-Ordner des Hirns. Fährt aber dann ein Unbekannter dem Zeitrad in die Speichen, erfüllt also den Wunsch nach dem Uhr-Anhalten, kann es der zappelige Mensch nicht danken. Stillstand lässt die nun arbeitslose Unruhe der Uhr blitzschnell auf ihn überspringen. Den Wunsch, die Uhr anzuhalten, hat er nicht ernst gemeint.