Ehrenamtliche leisten in vielen Orten einen großen Beitrag zu einer solidarisch-sozialen Gesellschaft. So sorgen sie auch für Entspannung in manchmal emotional aufgeladenen Situationen, wenn in einer Gemeinde Asylsuchende Quartier beziehen.
Solche Ehrenamtlichkeit in Reichersberg und Bad Leonfelden zeichnete die KirchenZeitung im Mai 2014 mit dem Solidaritätspreis aus. Jetzt, ein Dreivierteljahr danach, ist das Engagement ungebrochen aktuell.
Begleiten, reden, lernen
20 Menschen wurden bisher in dem mit zwölf Plätzen ausgestatteten Haus der Caritas für Asylwerber in Bad Leonfelden betreut. Einige sind schon wieder weg, wie Claudia Kretschmann vom Team der Ehrenamtlichen erzählt. Etwa eine Familie, die nach Tschetschenien zurück musste. Und drei Syrer mit einem positiven Asylbescheid. Wer einen positiven Bescheid bekommt, kann nur noch wenige Monate bleiben und muss sich dann selbst ums Wohnen kümmern. – Für diese 20 Menschen waren und sind die ehrenamtlich Engagierten eine große Hilfe. Sie unterrichten Deutsch, unterstützen die Kinder bei den Hausaufgaben, feiern Feste mit den Asyl-Suchenden, machen Ausflüge mit ihnen, schaffen Zugänge in Vereine, organisieren Sachspenden, begleiten bei Behördengängen und vieles mehr.
Im Kirchenchor singt ein Muslim mit
Ähnlich gestaltet der Fachausschuss Caritas und Soziales der Pfarre Reichersberg seine Unterstützung für die Asylsuchenden, die im Caritas-Quartier Reichersberg betreut werden. Brigitte Hathayer, Leiterin des Fachausschusses, berichtet von einem regen Wechsel im Quartier, in dem von den 24 Bewohner/innen derzeit die Mehrheit Syrer sind. Weitere Herkunftsländer der Bewohner/innen, darunter auch Kinder, sind der Libanon, Iran, Kosovo sowie Afghanistan, Albanien und die Ukraine. „Syrer bekommen relativ rasch Asyl.“ Bei den anderen dauert es länger. In dieser Zeit – und auch nach der Asyl-Zuerkennung – geben die ehrenamtlich Helfenden viel Unterstützung. Das Wichtigste, so Hathayer, ist der Kontakt. Die Flüchtlinge brauchen Menschen zum Reden. Auch, um sich in die deutsche Sprache einzuüben. Die Reichersberger Pfarre lebt Gastfreundschaft und Offenheit: So singen zwei Asylsuchende im Kirchenchor mit, einer davon ist ein Muslim. Immer wieder nehmen Bewohner/innen aus dem Flüchtlingshaus am Pfarrgeschehen teil. Am Elisabethsonntag zum Beispiel am gemeinsames Frühstück im Pfarrheim. Dazu haben sie selber viel beigesteuert. Und am anschließenden Gottesdienst. In diesem brachten sie Fürbitten und Sorgen vor; etwa die Angst um die Angehörigen daheim oder die Hoffnung auf einen positiven Asylbescheid. Eine Frau aus Tadschikistan hat ein Lied aus ihrer Heimat gesungen. Immer wieder begleiten Menschen aus der Pfarre Asylsuchende bei Behördengängen. Ein junger Bursch steht jetzt knapp davor, in der Küche des Krankenhauses Ried i. I. eine Arbeit zu bekommen. Asylwerber aus Reichersberg halfen auch bei der Adaptierung des ehemaligen Kapuzinerklosters in Ried. Dort zogen Anfang dieser Woche 20 Asylwerber ein.
Nach dem positiven Bescheid
Solange die Flüchtlinge Asylwerbende sind, gibt es eine Grundversorgung, für die Österreich aufkommt und die von Hilfsorganisationen oder Privaten geleistet wird (Unterkunft, kleines Taschengeld, Betreuung). Nach einem positiven Asylbescheid fallen die Betroffenen rasch aus dieser Grundversorgung heraus. Die Unterstützung der Ehrenamtlichen hört da aber nicht auf. Sie helfen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, auch beim Beschaffen von Wohnungseinrichtungen und Hausrat. Es gilt das Wort aus dem „Kleinen Prinzen“, das der Fuchs sagt: „Du bist (zeitlebens) für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“ Die Ehrenamtlichen und die Asylwerbenden sind zusammengewachsen, haben sich einander vertraut gemacht. Claudia Kretschmann ist nun schon seit 2012 für die Asylsuchenden in Bad Leonfelden engagiert. Sie sieht sich selbst auch als Bereicherte. „Es ist immer wieder schön. Wir machen weiter, solange es hier Flüchtlinge gibt. Es ist auch schön, wie sehr die Bevölkerung durch Spenden mithilft.“ Eines der besonderen Erlebnisse war das gemeinsame Kekse-Backen vor Weihnachten. Vier junge Syrer haben sich mit großem Eifer zum ersten Mal an der österreichischen Mehlspeisküche als Kekserl-Bäcker versucht. Diese Erfahrungen vom Helfen, das selber bereichert, legt Frau Kretschmann allen nahe: „Engagiert euch! Packt irgendwo mit an, oft sind die Leute froh, jemanden kennenzulernen zum Reden oder Miteinander-Tee-Trinken. Geht hin, bietet euch an!“
Dienst am guten Miteinander
„Gut geht es keinem von denen, die zu uns kommen“, fasst Brigitte Hathayer ihre Erfahrungen in einem Satz zusammen. Das Schicksal, das Asylsuchende erzählen, wenn sie Menschen haben, die ihnen zuhören, ist erschütternd. Das Hinhören der Ehrenamtlichen wie jener von Reichersberg und Bad Leonfelden ist ein solidarischer Dienst am guten Miteinander.
Weitere Beispiele von Asyl-Engagement
Im pfarrlich-kirchlichen Umfeld wird sehr viel ehrenamtlich mit und für Asylwerbende getan.
Ried im Innkreis
Im ehemaligen Kapuzinerkloster haben Anfang dieser Woche 20 Asylwerbende Quartier bezogen. In den letzten Wochen wurde der erste Stock adaptiert, wie LAbg. Alfred Frauscher, der Obmann der Freunde des Kapuzinerklosters, berichtet. Asylwerber aus Reichersberg haben bei der Sanierung mitgeholfen. Die Bevölkerung spendete Möbel, Geschirr, technische Geräte; die Unterstützung war umfassend. Ganztägig wird nun von Montag bis Freitag eine Caritas-Betreuerin vor Ort sein. Am Do., 5. März (14 Uhr) wird das Quartier mit einem Tag der offenen Tür offiziell eröffnet.
Pichl bei Wels
Vor zwei Monaten zogen neun Syrer in zwei Wohnungen im Pfarrhof ein. Die Bevölkerung wurde gut darauf vorbereitet. Einer der Asylwerber ist Englisch-Lehrer; das erleichtert die Kommunikation. Die Bevölkerung hat für die Möblierung der Wohnungen gesorgt, Geschirr, Bettwäsche, Bettzeug und Geld gespendet. Die Integration der jungen Asylwerber schreitet voran – so spielen sie zum Beispiel mit der Feuerwehr Fußball. Silvester feierten einige Familien gemeinsam mit ihnen im Pfarrheim. Der Englisch-Lehrer hielt in den 4. Klassen der Hauptschule einen Vortrag über Syrien in englischer Sprache. Zwei ehrenamtliche Mitarbeiter/innen halten zweimal in der Woche einen Deutsch-Kurs. Mehrere Pfarrangehörige üben mit den Asylwerbenden Deutsch.