Der ehemalige Mittelschullehrer Peter Anderer wollte in der Pension etwas Nützliches machen. Da kam der Start des ersten Caritas-Lerncafés in Marchtrenk 2011 gerade recht: Schüler/innen aus schwierigen Verhältnissen haben in einem Lerncafé zwei Mal pro Woche gestütztes Lernen.
Ausgabe: 2015/14, Caritas, Lerncafé, Anderer
01.04.2015 - Ernst Gansinger
Meryem ist konzentriert bei der Hausübung. Sie geht in die zweite Klasse Volksschule. Elisabeth Ploier, Leiterin des Lerncafés der Caritas in Linz-Auwiesen, „sitzt“ ihr mit Rat und Tat zur Seite. An den anderen Tischen helfen Ehrenamtliche den Kindern beim Lernen. – An fünf Standorten in Oberösterreich gibt es Lerncafés – in Marchtrenk, Wels-Pernau, Wels-Vogelweide, Steyr und Linz-Auwiesen. Etwa 120 Schüler/innen werden hier von 63 Ehrenamtlichen und vier Praktikantinnen an drei Tagen in der Woche betreut. 92 Prozent der Kinder, die voriges Jahr ein Lerncafé besucht haben, schafften den Aufstieg in die nächste Schulstufe.
Zuwendung lohnt sich
So große Rabauken manche Schüler zum Teil auch waren, die Peter Anderer im Lerncafé betreute, so wenig Freude manche mit dem Lernen hatten, so schwer es einigen fiel, zuzuhören und aufmerksam zu sein – „im Lauf der Zeit sind nette Beziehungen daraus geworden“, erzählt Peter Anderer. Schon im Linzer Khevenhüller-Gymnasium hat er sich um Schüler/innen mit Migrationshintergrund gekümmert. Eine Erfahrung, die er im Lerncafé – seit Ende Februar macht er im neu gestarteten Auwiesener Projekt mit – gut einsetzen kann. Den Kindern und Jugendlichen zugewandt, kann Anderer wie die vielen anderen Ehrenamtlichen immer wieder „Auferstehungs-Erfahrungen“ machen: weil Schüler/innen, mit denen fast nichts anzufangen war, sich schulisch stark verbessert haben. Anderer erzählt, dass ihn heuer am Jahresbeginn ein Ex-Schüler besucht hat. Einer, der besonders schwierig war. Der einstige Schüler hat ihm erzählt, „dass jetzt alles super läuft. Ich werde eine Lehre machen, vielleicht sogar die Fachhochschule besuchen“, sagte das einstige Sorgenkind. Zuwendung und intensives Da-Sein haben sich gelohnt.
Gefördert von Bund und Stadt
Im Lerncafé ist eine Ehrenamtliche bzw. ein Ehrenamtlicher für bis zu drei Kinder zuständig. Hier werden Kinder und Jugendliche vom Volksschul- bis zum Ende des Pflichtschulalters betreut, die daheim nicht die Lernunterstützung haben, die sie brauchen. Die Teilnahme ist kostenlos. Der Bund und die Stadt Linz fördern das Projekt.
Die Caritas bittet bei der Haussammlung um Hilfe zum Helfen
Die Lerncafés sind eines von vielen Beispielen, wie die Caritas hilft. Im April und Mai sind wieder etwa 6.500 pfarrliche Mitarbeiter/innen unter dem Motto „Wir gehen für Menschen in Not in Oberösterreich“ unterwegs. Sie bitten an den Haus- und Wohnungstüren darum, durch eine Spende die vielfältige Hilfe der Caritas zu unterstützen.
Arm durch Arbeitslosigkeit oder wenig Lohn
Fast 50.000 Menschen waren Ende Februar in Oberösterreich arbeitslos. Die steigende Arbeitslosigkeit spürt auch die Caritas in ihren Sozialberatungsstellen. Paul Pupp von der Linzer Beratungsstelle der Caritas für Menschen in Not weist darauf hin, dass es bei vielen Beratungsgesprächen um die Themen Arbeit, Arbeitslosigkeit, zu geringes Einkommen und Arbeitssuche geht. Viele der Menschen, die zur Caritas um Hilfe kommen, verdienen wenig und können sich keine Reserven schaffen. „Wenn sie dann plötzlich gekündigt werden, kann sie das schnell aus der Bahn werfen“, sagt Pupp. Auch die befristeten Anstellungen und Leasingverträge sind krisenanfällig. Oft bleibt trotz Arbeit nicht genug, um das Leben zu finanzieren.
Bildungsnot
Menschen mit geringer Bildung sind stärker von Armut betroffen. Kinder aus solchen Familien sind wieder gefährdet, Bildungs-Außenseiter zu werden und so wahrscheinlicher arm zu bleiben. Lerncafés helfen mit, dass die Armut aus Bildungsgründen nicht auf die Kinder weitervererbt wird.
Lerncafés
Nicht alle Kinder – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – können die Schule und die ihnen gestellten Hausaufgaben ohne Hilfe bewältigen. Vielen Eltern ist es kaum möglich, ihre Kinder dabei zu unterstützen. Kein Geld für Nachhilfestunden, mangelnde Deutschkenntnisse, zu beengte Wohnverhältnisse sind einige der Gründe, die es Kindern schwermachen, den Lernerfolg zu erreichen. Die Caritas-Lerncafés sind für sie ein Nachmittagsangebot.