„Was ist bloß mit meinem Kind los? Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.“ Der Pädagoge und Autor Kurt Gallé sieht sich zunehmend mit ratlosen Eltern konfrontiert. Den Grund dafür sieht er in einem gegenwärtigen Erziehungstrend, der – ohne Regeln und Wegweiser – die Kinder völlig desorientiert einfach sich selbst überlässt.
Ausgabe: 2015/15, Erziehung, Vorbild
07.04.2015
- Brigitta Hasch
Auf Autorität, Zucht und Ordnung in den 1950er und 1960er Jahren folgte eine Kehrtwendung zum antiautoritären Erziehungsstil. Doch was heute unter Erziehung verstanden wird, bezeichnet Gallé als irregulär: hilflos, mutlos oder ratlos. „Es ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Man kultiviert geradezu die Unverbindlichkeit. Zwölfjährige kann man aber nicht für erwachsen erklären, damit sind sie überfordert“, erklärt der Pädagoge, „wir dürfen die Kinder nicht schwimmen lassen im Meer der Beliebigkeit.“ Es gibt aber auch ein Kontrastprogramm. Kinder wurden noch nie so sehr beschirmt, behütet, bespaßt und gefördert wie heute.
Wenig Empathie, viel Gewalt
Warum es Zeit ist, Alarm zu schlagen, erklärt Gallé mit dem zunehmenden Egozentrismus junger Menschen. Alles ist erlaubt, Folgen gibt es keine. Er nennt es die Generation-D: Desinteresse, Destruktion, Desorientiertheit und Delinquenz. Gleichzeitig vermisst er vermeintlich antiquierte Tugenden wie Verantwortungsgefühl, Respekt oder Pünktlichkeit.
Eltern und Schule
Gallé hält nichts von gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Erziehungsberechtigten und Lehrern. Sowohl Elternhaus als auch Schule tragen Verantwortung. Sinnvoll wäre für ihn eine Investition in verpflichtende Elternbildung. Im gleichen Atemzug fordert er aber von den Schulen, auch Werte wie Ethos zu vermitteln. Ziel aller Anstrengungen sollte es sein, dass Kinder wieder einen Schutzschirm aus Fürsorge und Verantwortung spüren können.
Kurt Gallé präsentiert sein Buch „Erziehungsalarm“ am Donnerstag, 9. April 2015, um 19 Uhr im Thalia, Linz, Landstraße 41.