Gewalt und Missbrauch im Elternhaus, Drogenkonsum, finanzielle Not: Die Gründe, warum Jugendliche die Notschlafstelle Ufo aufsuchen, sind ganz unterschiedlich.
Die Linzer Einrichtung Ufo steht Jugendlichen im Alter von 14 bis 21 Jahren offen. Von 18 Uhr bis 9 Uhr morgens haben sie einen Zufluchtsort, für den sie nichts zahlen müssen. Im Ufo, das seit 2002 von der Sozialen Initiative betrieben wird, können sie ihre Grundbedürfnisse nach Schlaf, Nahrung und Hygiene stillen. Außerdem wird eine medizinische Basisbetreuung angeboten. „Wir haben nur drei Regeln: in der Einrichtung keine Drogen nehmen oder Alkohol trinken und keine Gewalt“, sagt Ufo-Leiter Wolfgang Waldburger und zeigt auf die Glasvitrine hinter seinem Schreibtisch. Dort liegen einige Messer und Drogenpäckchen, von Jugendlichen im Ufo abgegeben.
Die Angst vor der Straße
Je fünf Burschen- und Mädchenplätze gibt es im Ufo. Bis zu 90 Tage können sie bleiben und mit „dem Ufo auf eine Reise gehen“, wie es Waldburger formuliert. Einer der Jugendlichen, die derzeit im Ufo untergebracht sind, ist Marvin, 19 Jahre alt. Ein richtiges Zuhause lernte er nie kennen. Aufgewachsen bei einer Pflegefamilie und in einem Kinderdorf landete er nach massiven Problemen mit dem Heim bereits vor drei Jahren zum ersten Mal im Ufo. Danach ging es zwischenzeitlich bergauf. Marvin hatte eine eigene Wohnung, machte eine Lehre als Koch. Doch dann häuften sich wieder die Probleme. „Ich habe die Lehre abgebrochen und ein paar Scheißfehler gemacht“, erzählt er. Vor drei Monaten musste Marvin nach einem Streit mit seinem Bruder aus dessen Wohnung ausziehen. Jede Nacht quälte ihn die Frage, wo er Unterschlupf finden könnte. „Es ist immer gut gegangen. Die Angst war aber sehr schlimm, einmal wirklich auf der Straße schlafen zu müssen“, sagt Marvin.
Wie kann es weitergehen?
Vor zwei Wochen läutete er dann beim Ufo an. „Hotelzimmer sind es hier nicht, aber zum Schlafen reicht es“, fühlt sich Marvin im Ufo wohl. Untertags arbeitet er jetzt bei der Arge Trödlerladen. Eine Kooperation mit der Notschlafstelle ermöglicht den Jugendlichen, drei Mal in der Woche stundenweise etwas dazuzuverdienen. Nicht nur aus finanziellen Gründen schätzt Marvin das Angebot: „Bei der Arbeit kann ich mich richtig auspowern.“ Abends im Ufo überlegt er, wie es weitergehen kann. „Es ist gut, dass man im Ufo die Betreuer zum Reden hat“, meint Marvin. Er setze sich selbst unter Druck, damit er wieder eine Arbeit findet. Welche, das ist ihm im Prinzip egal. Seine Zukunft sieht er halbwegs optimistisch: „Ich muss diese Chance nutzen und etwas aus meinem Leben machen. Das Positive ist: Wenn man ganz unten ist, kann es nur noch bergauf gehen.“