Wie der Autokauf für Kirchenzeitungs-Redakteur Paul Stütz zum echten Erlebnis wird.
Ausgabe: 2015/24, Unter Uns, Kommentar,
10.06.2015
- Paul Stütz
Es ist Sonntag Nachmittag, als mich folgender dramatischer Anruf erreicht: „Ich will ihr Auto“, sagt eine Stimme ganz hastig. Ich habe gerade unseren alten Toyota zum Verkauf angeboten, also ist das Anliegen durchaus berechtigt. Ali, so stellt sich die Stimme vor, legt gleich nach: „Sie müssen es mir verkaufen. Ein Mann, ein Wort.“ Das wiederholt er mehrmals und ich überlege, ob überhaupt schon jemals so an meine Ehre appelliert wurde. Ali weiter: „Ich komme mit Cash. Sie dürfen mit niemanden sonst sprechen.“ Willkommen in der Welt der Auto-Exporteure. Denn Ali ist da bei weitem nicht der Einzige. In einer Dreiviertelstunde bekomme ich unglaubliche 97 Anrufe, von einem Dutzend Händler. Während Ali zu mir fährt, treffen wunderliche bis fast bedrohliche Kurznachrichten am Handy ein. Von „Zahle das Doppelte“ bis zu „Ich bin schon da.“ Von Leuten, mit denen ich nichts ausgemacht habe. Dann wird das Geschäft mit Ali, ein höflicher junger Mann, (sehr korrekt) abgewickelt. Nur als der Käufer weg ist, kommt „Ich bin schon da“ wirklich zu unserem Haus. Mit vier Kollegen, die grimmig dreinschauen, und Ali ganz sicher nicht zu seinem Kauf gratulieren werden. Ich aber bin um eine Erkenntnis reicher: Auto verkaufen zählt offenbar zu einem der letzten großen Abenteuer der Menschheit.