„Die Kirche ist wie ein Vogel, der zwei Flügel hat.“ – So beantwortete Pastoraltheologe Paul M. Zulehner die Frage seines Interviewpartners Markus Hengstschläger beim Dialog von „academia superior“ am 18. Juni im Linzer Schloss.
Die Frage war, mit welchem Kirchenflügel er, Zulehner, sympathisiere. Beide Flügel sollen sein können, machte dieser das Bild deutlich. Hengstschläger ließ aber nicht locker und fragte: „Was ist, wenn der eine Flügel (er meinte den traditionellen) größer ist, dann fliegt ja der Vogel im Kreis?“ Zulehner nahm ihm die Sorge: „Der ist nicht so groß.“ Es war ein interessanter, gescheiter, frischer Dialog, der vor 400 Zuhörenden im Linzer Schloss geführt wurde. Viele brisante kirchliche Themen sprach Hengstschläger an, und Zulehners Antworten vermittelten eine sympathische, offene Kirche, die sich trauen darf und auch immer mehr traut, Verhandelbares zu verhandeln. Zölibat zum Beispiel oder den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Nicht verhandelbar nannte Zulehner die Kernaussage des Christentums: Die Liebe ist stärker als der Tod, also den Auferstehungsglauben. Die Kirche müsse lernen, mit freien Menschen ins Gespräch zu kommen. Diese werden nicht mehr wie bei Maria Theresia in die Kirche getrieben. Diese Freiheit ist eine Chance. Denn die unbehauste Seele brauche Verankerung, so Zulehner: „Der Mensch hält es nicht aus, wenn er permanent ein kosmischer Streuner ist. Er braucht ein Fundament.“