Durch die Taufe ist ein Mensch in die Gemeinschaft mit Jesus Christus und in die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden aufgenommen.
Aus der Serie "Sieben Sakramente" von Dr. Michael Max, Teil 1 von 7.
Ausgabe: 2015/29, Taufe, Max
14.07.2015 - Dr. Michael Max
Ich will aber nichts von der Erbsünde hören!“ Mit diesen Worten eröffnete eine gute Freundin, der es auch sonst nicht an Direktheit mangelt, unser Taufgespräch. Wir sprachen also über die Taufe:
- Dass die Feier einem Weg folgt, der an der Schwelle zum Kirchenraum beginnt: Wir gehen mit eurem Kind in die Kirche hinein, in das Gebäude aus Stein und in die Gemeinschaft, die aus lebendigen Steinen gebaut ist.
- Drinnen hören wir Gottes Wort, das Licht ist auf dem Weg.
- Wir rufen auf dem Weg zum Taufbecken die Heiligen an, denn Kirche ist eine Gemeinschaft auf dem Weg und auch schon am Ziel.
- Wer getauft wird, wird mit seinem/ihrem Leben im Wasser hineingetaucht in Christus, um ihm ähnlich zu sein im Leben, im Tod und im Auferstehen.
- Von dort geht der Weg weiter zum Altar. Dort versammelt sich die Gemeinschaft der Getauften zur Feier der Eucharistie. Dort nennen wir gemeinsam Gott unseren Vater im Himmel.
- So sind wir tatsächlich Schwestern und Brüder, Kinder eines Vaters, sein Volk, seine Kirche, in deren Mitte die Neugetauften nun tatsächlich angekommen sind.
Mein „Woher“ und mein „Wohin“
Wenn wir über die Taufe reden, dann reden wir vom Leben. Von dem, was es braucht, um gut sein zu können, um sein „Woher“ und sein „Wohin“ in einer rituellen Gestalt bergen zu können. Die Taufe ist ein Initiationsritus. Initiation bedeutet: Auf den Weg bringen, auf ein Ziel hin ausrichten. Das Ziel des Lebens wird auf dem Weg des Lebens schon erfahrbar. Das Ziel des Lebens heißt einmal ganz und endgültig Mensch sein, der Weg des Lebens heißt Mensch werden. Für die Christen und Christinnen ist Gott in Jesus Christus ein Mensch geworden, hat er seinen Weg zu uns gefunden, damit wir den unseren zu ihm gehen können.
Keine Angst vor „nicht gut genug“
Aber was trennt denn Gott und die Menschen voneinander? Die Angst, die in jedem Menschen wohnt, dass unser Menschsein nicht gut genug ist für dieses Leben, am Ende steht ja der Tod. So nehmen wir von Anfang an den Wunsch mit hinein in unser Leben, nicht einfach Mensch, sondern Gott zu sein. Diese Angst und dieses Wünschen aber weisen uns nicht den Weg zum Paradies, sondern den, der direkt hinausführt. Das abzulegen schafft der Mensch nicht allein.
Eintauchen in das Leben und die Liebe
Gott wird Mensch, damit der Mensch nicht Gott sein braucht. Mit ganzem Leben und ganzer Liebe tauchen wir im Wasser der Taufe in das Leben und in die Liebe Gottes. Damit alles, was dem Leben und der Liebe entgegensteht und sie bedroht, darin nicht mehr unsere letzte Sorge sein braucht, weil Gott sie in Christus mit uns teilt und uns so davon erlöst. Deshalb wird das Kind dann mit Öl gesalbt, eingehüllt in einen kraftvollen, heilvollen Zusammenhang. Deshalb kann es dann ein neues, weißes Kleid tragen, denn niemand wird für sich selbst getauft, sondern damit man merkt, dass sein/ihr Weg einer in Christus ist. Deshalb entzünden wir die Taufkerze an der Osterkerze. Seinem Licht zu folgen bedeutet, an ihm Maß nehmen: an der Art wie er mit der Schöpfung, den Menschen und mit Gott umgegangen ist. Das Licht des Auferstandenen wird so auch in der dunkelsten Stunde, in der Stunde unseres Hinübergehens, an unserer Seite sein.
Es war ein angenehmer und langer Abend unter Freunden. „Eben, es geht ja auch ohne Erbsünde!“, sagte sie. „Gut, dass es die Taufe gibt“, gab ich zur Antwort.