Krankensalbung: Werde ich wieder gesund? Und wenn nicht? Krank zu werden verunsichert, stellt vieles aus dem bisherigen Leben in Frage. Gerade in schweren Zeiten gilt Gottes Zusage: Ich bin bei Dir. Ich helfe Dir. Ich halte Dich.
Aus der Serie "Sieben Sakramente" von Dr. Michael Max, Teil 4 von 7.
Ausgabe: 2015/32, Krankensalbung, Sakrament
04.08.2015 - Dr. Michael Max
Aber machen Sie es so, dass er nichts merkt!“ Diese Aufforderung kurz vor einer Krankensalbung hat mich als Kaplan verblüfft. Was soll denn das für ein Sakrament – ein spürbares Zeichen der Nähe Gottes – sein, wenn der Betreffende gar nichts davon merken soll? Die Familie tat sich offenbar schwer, mit dem Abschiednehmen ihres Vaters zurechtzukommen. Und die Krankensalbung, die für sie ein eindeutiges Vorzeichen des Todes darstellte, war ihnen zu viel an Konfrontation mit der Wirklichkeit.
Sehnsucht Leben
Ihr Image als „Letzte Ölung“ ist die Krankensalbung auch 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil noch nicht losgeworden. Andererseits boomen Angebote für Heilungsveranstaltungen, Handauflegungen, energetische Stärkungen und Ähnliches. Woran mag es liegen, dass es uns nicht gelingt, die Herausforderung des Lebens durch eine Krankheit, an einem Ort der Erfahrung von Gemeinschaft und Stärkung durch Gottes Nähe zu bergen? In den Evangelien gehört es zu den Grunderfahrungen der Menschen mit Jesus, dass er Kranke heilte. Die Aufforderung, die Ältesten der Gemeinde zu einem Kranken zu rufen, damit sie ihn mit Öl salben und für ihn beten, findet sich ebenfalls bereits im Jakobusbrief. Es brauchte also gar keine lange theologische und kirchliche Entwicklung, um zum Kern dieses Sakramentes vorzustoßen. Und doch ist es uns im Laufe der Jahrhunderte abhanden gekommen – und der Weg zurück scheint kompliziert zu sein.
Kranksein stellt vieles in Frage
Die Krankensalbung öffnet einen ganzheitlichen Blick auf die Situation des Krankseins. Die körperlichen Gebrechen und Einschränkungen sind jener Teil der Krankheit, der in der medizinischen Therapie, soweit es möglich ist, behandelt werden. Dazu kann und möchte die sakramentale Feier keine Alternative sein! Umgekehrt gibt es aber auch Bereiche, die mit den Mitteln der Schulmedizin nur schwer zu erschließen sind. Etwa die Angst vor dem Alleinsein. Hier ist es das Gebet in der Gemeinschaft derer, die sich um ein Krankenbett versammelt haben, das einen kranken Menschen tatsächlich aufrichten kann. Ein zweiter Bereich wäre das Gefühl, nicht mehr viel wert zu sein. Hier ist es gerade das Zeichen der Salbung mit Öl, das Wertschätzung vermittelt. Wie soll Christinnen und Christen je auch nur im Leisesten die Frage kommen: „Ist dieser Mensch das noch wert?“, wenn wir im liebenden „Ja“, das Gott zu jedem Menschen und immer spricht, Schwestern und Brüder sind? Als Drittes eröffnet die Krankensalbung das Geschenk der Sündenvergebung. Wenn jemand dafür bereit ist, kann damit eine innere Last aufgelöst, und ein Mensch tatsächlich befreit werden.
Gottes Zuwendung spüren und riechen
Um die Krankensalbung von ihrem Image der „Letzten Ölung“ zu befreien, bedarf es zumindest zweier Dinge. Zum einen, die Feier des Sakramentes tatsächlich in der Gemeinschaft zu gestalten. Kranke und der Stärkung Bedürftige in die Mitte einer Gemeinde zu holen, die sich in der Gegenwart eines Gottes weiß, dessen Aufmerksamkeit zuallererst denen gilt, die am meisten seiner Liebe bedürfen. Das Zweite wäre, die Kraft der Zeichen in der Feier deutlich und mutig zum Ausdruck kommen zu lassen. Was wir glauben und worauf wir vertrauen, muss das Behältnis sein, aus dem heraus wir die Gestalt der sakramentalen Feier heilsam füllen.