Zu Hause haben wir einen riesigen Garten, wo Obstbäume, Beerensträucher und viele Gemüsesorten wachsen. Als Kind hatte ich zu diesem Garten eine zwiespältige Beziehung. Es war natürlich schön, Himbeeren zu naschen oder die Äpfel vom Baum zu holen. Aber wehe, wenn die Erntesaison kam! Dann hieß es: Zwetschken klauben, Ribisel brocken, Fisolen schneiden, ... Wie viel Zeit das in Anspruch nimmt! Ich dachte immer: Nie werde ich mir diese Arbeit antun! Ich kaufe alles! Dazu bot das Studium in Graz die Gelegenheit. Herrlich, alles fix und fertig besorgen zu können! Von der Arbeit zu Hause sah ich zum Glück nicht mehr viel. Seit einiger Zeit bemerke ich allerdings eine Veränderung. Ich spüre so eine Freude, wenn ich nach Wochen des Stadtlebens wieder Blumen sehe. Und erst die Ernte! Es scheint mir paradiesisch, wenn ich die Zweige von der Last ihrer Früchte befreie und sie dann richtig erleichtert wirken. Vielleicht zeigt sich da schon eine „Weisheit des Alters“: Obwohl es noch immer anstrengend ist, habe ich jetzt die tiefere Einsicht, wie gut es tut, mit der Natur verbunden zu sein und bei der Ernte von dem, was man selber gesät hat, „handgreiflich“ werden zu dürfen. Die notwendige körperliche Arbeit im Garten sehe ich nun nicht mehr als Ärgernis, sondern als Privileg.