Im Sommer 1938 wurde mit dem Bau der Westautobahn begonnen. Wie in anderen Orten veränderte diese Straße die Identität des Marktes Vorchdorf.Große Betriebe, die sich in den letzten fünfzig Jahren rund um die Vorchdorfer Autobahnauffahrt angesiedelt haben, prägen heute den Ort. Aus Vorchdorf pendeln nur wenige Arbeitnehmer/innen aus, die meisten finden Arbeit am Ort. Einst gab es außer einer Brauerei und einigen Mühlen nichts. Mit den Betrieben zogen Arbeiter/innen zu, darunter viele Menschen aus anderen Ländern. 1944 siedelten sich 5090 aus ihrer Heimat vertriebene Siebenbürger in Vorchdorf an, die heute integriert sind und eine evangelische Kirche gebaut haben. Wenig integriert ist hingegen die etwa 500 Personen umfassende türkische Gruppe. Bauern und Arbeiter – dieser Spannungsbogen ist in Vorchdorf vorhanden. Pfarrer P. Ernest Bamminger beschreibt die Pfarre Vorchdorf als den Ort, an dem alle Platz finden sollen. Im 14köpfigen Helferinnenkreis der Kath. Frauenbewegung (KFB) etwa sind Landwirtinnen, Hausfrauen und Arbeiterinnen gut gemischt. Diese Gruppe erstellt jährlich das KFB-Programm, der in Vorchdorf 450 Frauen angehören. Ein eigenes Programm wird auch für die Senioren der Pfarre erstellt. Die Männerbewegung zählt 200 Mitglieder; schwieriger ist es, Jugendliche in die Pfarre zu bekommen. Kindern steht das Angebot der Kath. Jungschar und der Pfadfinder offen. Besonders aktiv ist das Büchereiteam, das in den letzten Jahren die Zahl der Entlehnungen an Büchern, Spielen und Medien verdopplen konnte.Im Sozialbereich bemüht sich die Pfarre, präsent zu sein und Notleidenden zu helfen – trotz manch gesellschaftlichen Gegenwind. Jüngste Initiative für mehr Gerechtigkeit ist der Weltladen im Ort.PfarrsteckbriefEinst Maria Trostim Thale, jetzt Autobahnort Die Pfarre Vorchdorf liegt in einem alten Siedlungsgebiet im Almtal, am Zusammenfluß von Alm und Laudach. Ursprünglich gehörte sie zur Diözese Passau, 1196 wurde sie dem Stift Kremsmünster übergeben. Damals zog das heutige Vorchdorf als „Maria Trost im Thale“ Wallfahrer an.Vorchdorf gehört zum Dekanat Pettenbach und zählt 5875 Katholiken. Zur Pfarre gehört auch die Kaplanei „Einsiedling“, in der sich eine eigenständige Gottesdienstgemeinde entwickelt hat.Pfarrer von Vorchdorf ist seit 1979 P. Ernest Bamminger (54), Benediktiner von Kremsmünster. Der gebürtige Vorchdorfer ist seit 1991 auch Dechant. Kaplan ist P. Wolfgang Pichler, PGR-Obmann ist Josef Adamsmair.WallfahrtsprofisTraditionen prägen das Vorchdorfer PfarrlebenDie Kirche ist das pilgernde Gottesvolk. Diese Beschreibung trifft in sehr wörtlicher Weise auf die Vorchdorfer Pfarrbevölkerung zu.Mehrmals jährlich brechen über hundert Vorchdorfer/innen frühmorgens auf und gehen zu Fuß auf Wallfahrt. Die Routen nach Maria Puchheim, Stadl-Paura und Heiligenleithen bei Pettenbach haben Tradition. Dazu kommen noch mindestens vier Wallfahrten pro Jahr mit dem Autobus. Gemeinsames Unterwegssein ist der Pfarre Vorchdorf ein Anliegen – auch im Glauben.Das an sich rege Pfarrleben wurde über Jahrzehnte von dominanten Pfarrerpersönlichkeiten geprägt. Bis heute ist es nicht einfach, alte Gepflogenheiten zu hinterfragen oder weiter zu entwickeln. Unter den Angeboten, die in den letzten 20 Jahren neu eingeführt wurden, nennt Pfarrer P. Ernest die in jeder Fastenzeit stattfindende Glaubenswoche. Sie entstand aus den alten „Standeslehren“ (Einkehrabende für Frauen, Männer, Junge, Ältere etc.). Bei der nun praktizierten Glaubenswoche kommen an drei Abenden teils prominente Gäste nach Vorchdorf, um zu Glaubensthemen zu sprechen.Diese Form religiöser Weiterbildung hat sich – ganz aktuell – auch eine Welser Freikirche abgeschaut. Die Gruppe mietete eine Wiese, stellte ein Zelt auf und lud zu Glaubensabenden ein. Schon länger beobachtet P. Ernest die Werbung dieser Freikirche rund um den umstrittenen Welser Unternehmer Pilsl. Der Wunsch des Pfarrers für die Pfarre ist deshalb verständlich: Er wünscht sich, daß der Kontakt der Bevölkerung zur Pfarre und vor allem der sonntägliche Gottesdienstbesuch intensiv bleibt.Die Meßgestaltung wird in Vorchdorf ernst genommen. Etwa die Auswahl der Lieder: Jeden Sonntag werden sowohl traditionelle als auch moderne Kirchenlieder gesungen. Offenheit zählt. Neben dem „klassischen“ Kirchenchor gibt es den „Sunshine“-Chor, in dem 30 junge Leute aus dem Pfarrbereich seit fünf Jahren modernen Chorgesang pflegen.Neuer Weltladen in Vorchdorf: Die Welt durch Handeln ändernTräger des Weltladens ist der Verein „Für eine Welt“„Wir haben schon lange von einem eigenen Geschäft geträumt, in dem wir fair gehandelte Lebensmittel und Handwerksprodukte aus den Ländern der sogenannten Dritten Welt verkaufen können“, berichtet Katharina Langeder. Die gelernte Einzelhändlerin, Hausfrau und Mutter zweier Kinder, beschäftigt sich bereits seit zehn Jahren im Rahmen der pfarrlichen Dritte-Welt-Gruppe mit dem Thema „Fairer Handel“. Sonntag für Sonntag verkauften Mitglieder dieser Gruppe vor der Kirche oder im Pfarrheim Kaffee, Tee, Schokolade und Gewürze etc., für deren Produktion die Erzeuger/innen im Süden gerechtere Preise bezahlt bekommen als am Weltmarkt üblich.1997 gab es erste Überlegungen, eine ehemalige Pfarrhofeinfahrt zu einem Weltladen umzubauen. Nun ist es soweit. Die nötigen Finanzmittel für den Umbau stellte die Pfarre zur Verfügung, die Arbeit wurde in Eigenregie durchgeführt. Am Samstag, 19. September wird der Vorchdorfer Weltladen bei einem „Tag der offenen Tür“ erstmals geöffnet sein. Die offizielle Eröffnung und Segnung erfolgt um 17 Uhr. Rechtlicher Träger des Geschäfts ist der Verein „Für Eine Welt“, der ca. 50 Mitglieder zählt. Verkauft wird durch ehrenamtliche Mitarbeiter/innen.Welche Motivation beflügelt eigentlich Katharina Langeder, sich als Vereinsobfrau für den Laden einzusetzen? Ihre Antwort: „Immer wieder denke ich mir, daß ich Glück hatte, im wohlhabenden Österreich geboren worden zu sein. Ich möchte mehr, als für Arme spenden. Mit dem fairen Handel versuchen wir, die Welt ein wenig zu ändern.Öffnungszeiten: Donnerstag, Freitag, Samstag 8 bis 12 Uhr, Donnerstag und Freitag auch 14 bis 18 Uhr.