Was hat das Zweite Vatikanische Konzil an Veränderungen für die Liturgie gebracht?
Wenn ich diese Frage in einer Runde von liturgisch engagierten Frauen und Männern stelle, bekomme ich meist schnell zwei Antworten: Dass die Feiern jetzt auf Deutsch sind und dass der Priester bei der Messe dem Volk zugewandt steht. Es stimmt: Diese Dinge prägen die äußerliche Wahrnehmung der Liturgiereform.
Es gibt aber noch ein drittes Element, ohne das die durch das Konzil erneuerte Liturgie nicht vorstellbar wäre: Das ist die Feier in verschiedenen Diensten. Vor dem Konzil war es üblich, dass alles ausschließlich vom Priester alleine gemacht wurde. Selbst, wenn der Chor ein lateinisches Gloria sang, musste dessen Text im Stillen vom Priester mitrezitiert werden. So als ob der geweihte Amtsträger der alleinige Kanal wäre, durch den die Menschen Gott erreichen könnten und umgekehrt. Diese Engführung hatte sich im Laufe der Geschichte ergeben. Ihr Vorteil war die Sicherung des sakramentalen Erbes auch durch sehr bewegte Zeiten hindurch. Ihr Nachteil war die Trennung von Klerus und Volk.
Nichts zum Konsumieren
Die Wiederentdeckung der feiernden Einheit, das Bewusstsein, dass jeder und jede tätig, bewusst und vollständig mitfeiern soll, ist einer der ganz großen Aufbrüche des Konzils. Erst im Laufe seiner Umsetzung begann man zu ahnen, wie hoch hier die Latte gelegt wurde.
Die Gestalt des Gottesdienstes in verschiedenen Aufgaben und Rollen ist nicht nur eine äußerliche, organisatorische Frage. Es geht nicht einfach um Beschäftigung durch Beteiligung. Hier spiegelt sich tatsächlich in der Gestalt der Liturgie die Gestalt einer Kirche wider, die aus dem Zusammenwirken der Charismen des gemeinsamen Priestertums aller Getauften und dem Priestertum der Weihe als Volk Gottes, als Leib Christi und als Tempel des Heiligen Geistes lebt.
Einander dienen
Das Sakrament der Weihe hebt den, den es prägt, also nicht in eine ausgezeichnete Stellung hinein, an der Gott besonders wirkmächtig handelt, oder an die Glaube und Kirche besonders gut wegdelegiert werden könnten. Die Weihe macht deutlich, dass der Dienst für die anderen nicht lediglich eine organisatorische Komponente in der Struktur der Kirche darstellt, sondern, dass er ihr sakramental zu Grunde liegt, dass es dieses einander Dienen ist, in dem Gegenwart bleibt, dass Gott in Christus dieses Leben liebend mit uns teilt.
Bischof, Priester, Diakon
Auf diese Weise kann auch richtig eingeordnet werden, dass der Geweihte, wie es die Tradition sagt, „in der Person Christi“ handelt. Nicht indem er ihn exklusiv für sich beanspruchen könnte, sondern indem er auf ihn verweist.
In drei Stufen wird dieses auf Christus Weisen im einander dienstbar Sein zum Thema:
- Im Dienst an der Einheit durch Leiten und Lehren im Bischof.
- Im Dienst der gelebten Gemeinschaft des Presbyteriums, das ihn dabei unterstützt, in den Priestern.
- Und im konkreten Dienst dort, wo es am meisten einer menschlichen Hilfe bedarf, in den Diakonen.
So wird die Gemeinschaft der Glaubenden geheiligt und als ein Ort der Gegenwart Gottes erfahrbar, weil jede und jeder das Leben aus der Taufe auf Christus ausrichtet. Die Kirche lebt aus der Liebe des sich hinschenkenden Gottes. Die Weihe hilft ihr, sich davor nicht zu verschließen.