Bis an die Hüften steht er im Wasser und hebt ein Kind nach dem anderen über die Untiefe hinweg. Adalbert Stifter erzählt in einer Novelle vom Leben eines Landpfarrers. In der Abgeschiedenheit seiner Bergdörfer gibt es keine Höhepunkte. Doch dieser Pfarrer hat die Gefahr bemerkt: Ein Bauer hatte Felsblöcke nahe am Steg ausgegraben, auf dem die Kinder den täglichen Weg zur Schule nehmen, tiefe Löcher sind zurückgeblieben. Jetzt ist die Wiese von trübem Schmelzwasser überflutet. Kinder könnten in Gefahr geraten.
Seelsorge ist Sorge um das Heil der Menschen. Es soll ihnen kein Unheil geschehen. Und das Leben der modernen Zeit bietet so manche Untiefe, in die ein Mensch geraten kann. Das Schmelzwasser der schnellen Veränderungen raubt den Blick auf den Grund und in die Tiefe.
Am 29. Juni ist Priesterweihe. Das gehört zum Dienst des Priesters: aufmerksam zu machen auf die Untiefen des Lebens, damit Menschen den Boden unter den Füßen nicht verlieren. Aber auch dies: Hoffnung zu stärken auf den noch festeren Grund, der Christus heißt. In entscheidenden Augenblicken sollen sie da sein für die Menschen – mit jenem Blick nach vorne, der schon bei trockenem Boden die Gefahr des Hochwassers sieht. Wer mit seinen Gedanken und seinem Tun ganz bei dem ist, was Menschen guttut, leistet Gottesdienst. In der Kirche ist es so: Man leistet nicht nur, man feiert auch."Wer in seinen Gedanken und seinem Tun ganz bei den Menschen ist, leistet Gottesdienst."