Dreifaltiges in Perfektion. Die Paura-Kirche ist einzigartig
Ausgabe: 2000/24, Stadl-Paura
13.06.2000 - Martin Kranzl-Greinecker
Sollte man vor der Pestepidemie 1713 verschont bleiben, so gelobte der in Stadl-Paura geborene Abt des Stiftes Lambach Maximilian Pagl, dann würde er eine besondere Kirche erbauen lassen.
Die Gegend blieb verschont und und Abt Maximilian Pagl beauftragte den Linzer Baumeister Johann Michael Prunner mit dem Bau einer Kirche, die bis heute als einzigartig gilt. Nirgendwo sonst sei die Grundidee der Dreifaltigkeit in derartiger Perfektion verwirklicht (drei Tore, drei Altäre, drei Orgeln usw.) sagen Experten. Zum 275-Jahr-Jubiläum der Kirche wurde das Kunstwerk nun mit einem Aufwand von ca. 12 Millionen Schilling restauriert. Wassereintritte in der Kuppel und Verwitterung hatten die Sanierung nötig gemacht. Nun erstrahlt die Kirche in neuem Glanz und ist auf dem jüngst angelegten Rundweg auch zu „umgehen“.Für Pfarrer und Pfarre ist die Erhaltung der Kirche eine Aufgabe, die zu erfüllen nicht leicht fällt. „Wir haben keine Alternative, wir können nichts verfallen lassen“, so Pfarrer P. Paulus. Aufwendig gestaltet sich auch die Erhaltung des ebenfalls von Prunner erbauten Pfarrhofes, der ursprünglich als Waisenhaus, dann als „Liebeswerk für behinderte Kinder“ und später als Internat für Priesterstudenten diente.
Steckbrief
Wo die Ager in die Traun mündet, dort liegt der Markt Stadl-Paura. Einst war der Ort als Umschlagplatz des Salzes aus dem Salzkammergut bedeutend, das beim Paura-Hügel in „Stadln“ gelagert wurde, ehe es durch Stadlinger Schiffleute weitertransportiert wurde. Die Schiffer-Werkzeuge sind im Wappen erhalten. In den letzten Jahren geriet Stadl-Paura durch emotionale Diskussionen um das neue Traunkraftwerk bei Lambach in die Schlagzeilen. Der Streit sei mitten durch Familien, Freundeskreise und auch durch die Pfarrgemeinde gegangen, berichten Vertreter der Pfarre. Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt und alle könnten mit dem Kraftwerk gut leben. Widerstandsgeist hatten die Bewohner von Stadl-Paura schon bewiesen, als der Bau der Eisenbahn ihre Existenz als Salzschiffer bedrohte. Kurzerhand gruben sie damals die Bahnschwellen aus.Historisch und legendär ist auch der Konflikt mit dem Stiftsort Lambach am anderen Traunufer. Bevor etwa Stadl-Paura vor 50 Jahren zur selbstständigen Pfarre wurde, war es lange Zeit Teil und Expositur von Lambach. Zur Pfarre Stadl-Paura zählen etwa 4300 Menschen, Pfarrer ist seit 1967 P. Paulus Fuchshuber, Benediktiner des Stiftes Lambach. Pfarrgemeinderats-Obmann ist derzeit Leopold Aigner.
Festprogramm
275 Jahre Paura-Kirche
- Samstag, 17. Juni, 9 bis 14 Uhr: Sonderpostamt im Pfarrhof mit Sonderstempel „Abt Maximilian Pagl“; 17 Uhr: Wallfahrt der Schiffer vom Pagl-Haus zur Paurakirche; 18 Uhr: Festandacht mit Vereinen. - Dreifaltigkeitssonntag, 18. Juni, 9 Uhr: Festgottesdienst mit Bischof Aichern und dem Linzer Domchor. Zur selben Zeit findet im Pfarrgarten ein Kindergottesdienst statt. Anschließend Einweihung des Brunnens vor der Kirche und Eröffnung der Pagl-Jubiläumsausstellung durch Landeshauptmann Pühringer. Ab 11 Uhr Frühschoppen. Von 9 bis 14 Uhr: Sonderpostamt im Pfarrhof mit Sonderstempel 275 Jahre Dreifaltigkeitskirche. 17 Uhr: Festandacht mit Orgelmusik.
Ins Pfarrleben gleichviel investieren wie in die Kirchenrestaurierung!
Nach den Bauarbeiten rückt nun wieder das Pfarrleben im Mittelpunkt
Eine so berühmte Wallfahrtskirche wie jene in Stadl-Paura bedeutet für die Pfarre Last und Lust zugleich.
Wer die Dreifaltigkeitskirche innerhalb weniger Tage zweimal betritt, dem kann alles ganz anders vorkommen als beim letzten Mal. Denn die drei Eingänge und drei Altäre der Kirche sind nicht nur vorhanden, sondern werden auch benützt. Dreimal im Jahr wechselt – je nach Festkreis – die Sitzordnung, das Eingangsportal und die Blickrichtung. Passend zu Firmung, Pfingstfest und Dreifaltigkeitssonntag ist derzeit der Hl. Geist-Altar an der Reihe. Solche Gegebenheiten sind sicher seelsorgliche Chancen. Der Kirchenraum predigt sozusagen selbst.Andererseits bindet die Kirche soviel an Aufmerksamkeit, auch materiell, dass manche darunter leiden. „Wir plagen uns mit der Erhaltung der Kirche, aber es gelingt uns nicht wirklich, mehr Menschen hineinzubekommen“, ist eine Mitarbeiterin etwas ratlos. Diese Arbeit müsse nun einmal auch geschehen, meint ein anderer. Und es sei doch auch toll, wie sehr die Pfarrgemeinschaft bei den Arbeiten und beim Geldaufbringen zusammenhalte. Nun aber, stimmt auch dieser Mitarbeiter zu, gehe es darum, das neue Gebäude mit neuem Leben zu füllen. Die Gestaltung eines umfangreichen Festprogrammes im Jahr 2000, das schon mit der Begrüßung des Neuen Jahres in der Kirche begonnen hat, zielt darauf ab.
Frauen-Aktivkreis
Der Frauen-Aktivkreis trifft sich seit 20 Jahren an jedem Dienstagnachmittag in der Pfarrstube im Pfarrhof (außer zu Ferienzeiten). Die Frauen unter Leitung von Frieda Pfanzagl (2. von rechts) besprechen dabei nicht nur Freuden und Sorgen, sondern widmen sich vor allem der Handarbeit. Was sie übers Jahr sticken, stricken, häkeln, malen, basteln, töpfern … , wird beim „Leopoldi-Markt“ angeboten. Der Erlös aus dem Verkauf (in den letzen Jahren etwa 40.000,– Schilling) geht direkt an Missionsprojekte.
Chor der Pfarre
Der Chor der Pfarre Stadl-Paura entstand vor gut zehn Jahren aus einem Jugendchor. Derzeit besteht er aus knapp 30 Personen im Alter von 10 bis 40 Jahren. Leiterin Sabine Trefflinger legt darauf Wert, dass der Chor familienfreundlich ist und zwar nicht nur, indem er die monatliche Familienmesse musikalisch gestaltet. Es stört auch nicht, wenn beim Proben Kleinkinder mit dabei sind.
Stadl-Paura: Heimatort der Miva
Ein kleiner Ort, weltweit bekannt Wird in kirchlichen Kreisen in Afrika, Asien, Ozeanien oder Lateinamerika der Name „Stadl-Paura“ erwähnt, dann folgt nicht selten ein freudiges Aha-Erlebnis. 1949 gründete Karl Kumpfmüller (+ 1988) nach deutschem Vorbild in Stadl-Paura die österreichische „Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft“ (MIVA). Aufgabe der MIVA ist die Bereitstellung von Fahrzeugen für die Weltkirche. Seit der Gründung gingen von Stadl-Paura aus mehr als 12.000 Verkehrsmittel – Schiffe, Flugzeuge und Geländewägen ebenso wie Fahrräder – an Missionare und Entwicklungshelfer/innen. Mehr als eine Milliarde Schilling haben Spender/innen bereits aufgebracht. 1999 feierte man zum 50-Jahr-Jubi-läum in Stadl-Paura ein „Weltfest.“
Festprogramm
- Kloster Nazareth Seit Jahrzehnten engagieren sich die Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus (Borromäerinnen) vom Kloster Nazareth für die Pfarre. Zwar haben sie wegen Schwestern- und Schülerinnenmangels ihre Schulen und das Internat geschlossen (die Schule ist nun Teil der Hauptschule Stadl-Paura), sie führen aber weiterhin ein Altenheim und öffnen ihre Kapelle für Gottesdienste.
- Siedlerkirche Hunderte Heimatvertriebene aus Südost-Europa haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Stadl-Paura niedergelassen. Sie errichteten nicht nur die Gutenbrunn-Siedlung als Wohngebiet, sondern bauten dort auch ein Gemeindezentrum mit Caritas-Kindergarten und Kirche. Die Siedlerkirche wurde auch während der Renovierung der Paura-Kirche Ende 1999 als Ausweichquartier zur Verfügung gestellt.