Bunte Wiese mit raren BlumenAuf die Leute ist Verlass. Sie sorgen für viele pfarrliche Farbtupfer
Ausgabe: 2000/49, Waldkirchen a. W.
05.12.2000 - Ernst Gansinger
„Die Dienste, die jede und jeder übernimmt, das funktioniert sehr gut.“ – Pfarrer G. R. Wolfgang Renoldner kann sich der Mithilfe vieler verlässlicher Pfarrangehöriger sicher sein.
Diese sorgen für eine Fülle pfarrlicher Angebote. Sie sind auch tatkräftig bei umfangreichen Aufgaben zur Stelle. Beispiele: Viele Frauen und Männer kümmern sich bei Festen für Speis und Trank sowie einen guten organisatorischen Rahmen. Engelbert Leitner ist Friedhofsverwalter. Josef Osterkorn pflegt den Kirchenwald, Walter Weissenböck unterstützt ihn ...
Wortgottesdienst-Leiter
Kein Wunder, dass in dieser Pfarre, der Mitverantwortung und Zusammengehörigkeitsgefühl wichtig sind, auch die Liturgie eine „bunte Wiese“ ist. Der Vergleich stammt vom Pfarrer. Auf dieser bunten Wiese wächst in der Vielfalt heimischer liturgischer Blumen auch manch rare Pflanze. Zum Beispiel für unsere Diözese, dass es mit Hans Hofer einen ausgebildeten Wortgottesdienst-Leiter gibt. Rar ist auch, dass die Kommunionhelfer/innen – wie der Wortgottesdienst-Leiter – eine Tunika tragen. Die Wortgottesdienste werden von der Bevölkerung gut angenommen: In Fällen, wenn der Pfarrer selbst nicht am Sonntag mit der Gemeinde eine Messe feiern kann, wird ein Wortgottesdienst gehalten. Dabei wird die Kommunion nicht gespendet. Pfarrer Renoldner hält sich hier an die Empfehlung der deutschen Bischofskonferenz – um die Grenzen zur Eucharistiefeier nicht zu verwischen.
Äußere Zeichen
Für Pfarrer Renoldner ist dies ein nicht unwichtiges Detail: „Der besondere Dienst braucht auch äußere Zeichen. Die Musiker der Blasmusikkapelle spielen mit und ohne ihrer schönen Uniform gleich gut“, bringt er ein Beispiel zur Verdeutlichung. „Dennoch ziehen sie zu ihren Auftritten etwas Besonders an. Für den Gottesdienst sollte das anders sein? ...“ Auf der bunten Wiese der Liturgie blühen viele musikalischen Gestaltungsformen. Rhythmische Lieder, Volkslieder, Mundartmessen, lateinische Ordinarien. Mit dem Gemeindegesang aber happert es. Das „Gotteslob“ führt ein stiefmütterliches Dasein. Kaum zehn Prozent nehmen es zur Hand. Der Pfarrer, der kräftiges Mitsingen wünscht, meint: „Es ist hier in der ganzen Gegend die Meinung: Fürs Singen ist der Chor zuständig.“
Steckbrief
Waldkirchen am Wesen hat manche Obwohl-Situation: Es ist Innviertel, obwohl der Landstrich 1779 nicht bei Bayern war. 1850 wurde die Gemeinde dem Bezirk Schärding zugerechnet und war damit Innviertlerisch.
Obwohl ...
Obwohl der Pfarrer des Ortes, G. R. Wolfgang Renoldner, Priester der Diözese Passau ist, wirkt er hier, quasi leihweise. Und er ist Priester der Diözese Passau, obwohl er Oberösterreicher ist. Obwohl Wesenufer ein Markt ist, ist er keine eigene Gemeinde und gehört zu Waldkirchen. Obwohl er gemeindemäßig (wie ein paar Häuser von Neukirchen) zu Waldkirchen gehört, ist Wesenufer eine eigene Pfarre. Obwohl die geographische Höhe von Waldkirchen mit 530 Metern über dem Meeresniveau angegeben wird, ist der tiefste Punkt (an der Donau) 280 Meter und der höchste 613 Meter. „Oben und unten, das sind zwei Welten“, sagt der Pfarrer. So kam es zum Beispiel vor, dass er, wenn er sich nach Engelhartszell auf den Weg machte, wegen der Schneelage Ketten anlegen musste. Unten angekommen, war er im Frühling. Das hieß: Ketten abnehmen. (Er betreute früher Engelhartszell wie bis heute Wesenufer.)
Starkes Miteinander
Qualitätsmerkmal von Waldkirchen
Waldkirchen am Wesen: Die Gemeinde ist größer als die Pfarre. Aber Grenzen sind hier ohnedies keine Grenzen.
So zählt die Pfarre etwa 900 Einwohner, während die Gemeinde mehr als 1.300 Bürger hat. Was die Gemeinde prägt, prägt aber auch die Pfarre: Noch immer gibt es viel Landwirtschaft, aber nur noch ganz wenige Vollerwerbsbetriebe. Ungefähr 300 Menschen pendeln zur Arbeit aus. Die Kinderzahl wird kleiner. Frau Gahleitner erinnert sich: 1961 fingen 34 Kinder die Schule an; heuer sind es 11. Nächstes Jahr rutscht die Zahl unter 10!
Hochzeit im Pfarrsaal
Gemeinde und Pfarre – in ländlichen Gebieten ist es noch viel stärker erlebbar, wie wichtig ein gutes Verhältnis ist. – In Waldkirchen kommt dieses Miteinander vielfach zum Ausdruck: Im vor zehn Jahren erbauten Pfarrzentrum finden auch die standesamtlichen Trauungen statt und tagt der politische Gemeinderat. Der Pfarrsaal ist Wahllokal, auch das Rote Kreuz bittet hier regelmäßig um Blutspenden. Die Gemeinde führt zudem den Pfarrcaritas-Kindergarten und hilft der Pfarre auch bei baulichen Aufgaben. Baulich gibt und gab es viel zu tun. Lob zollt hier die Pfarrleitung auch der Kulturabteilung des Landes. „Denn die hat uns toll bei der Kirchenrenovierung unterstützt.“ Die Bevölkerung hilft stark mit, dass aus großen baulichen Aufgaben keine übergroßen finanziellen Sorgen werden. Der Umfang der Bautätigkeit der letzten zehn Jahre ist beeindruckend: 1989/90 wurden Pfarrhof und Pfarrhaus gebaut, 1993/94 die Kirche innen und außen renoviert. Vor zwei Jahren musste die Friedhofsmauer neu gestaltet werden. Voriges Jahr wurde der Friedhofsbereich entwässert.
Große Bauleistung
In Summe wurden etwa 18 Millionen Schilling investiert. Finanzielle Unterstützungen der öffentlichen Hand und Spenden der Bevölkerung halfen wie die vorbildlichen Robotleistungen mit, dass die Pfarre schon wieder schuldenfrei ist. Neue Projekte stehen bevor: Der Kirchturm ist renovierungsbedürftig. Finanzen sind die eine Sache einer Pfarre. Die andere, das wahre Fundament, ist das spirituelle und gemeinschaftliche Leben. Wenn neben großen Bauaufgaben dieses Fundament nicht vergessen wird, lebt die Pfarre. Wie Waldkirchen am Wesen.
Pfarrliches Leben
In Waldkirchen gibt es seit fast zehn Jahren eine Seniorentanzgruppe, zu der regelmäßig 25 bis 30 Tänzer/innen kommen. Die Frauengruppe „Wir über 50“ trifft sich zum Gedächtnistraining. Vor Weihnachten werden etwa 30 alte und einsame Leute besucht. Wer im Krankenhaus liegt, erhält, sofern die Pfarre davon Kenntnis bekommt, einen persönlich gehaltenen Brief des Pfarrers. Die Zusammenarbeit im Seelsorgeraum – das Dekanat ist in zwei solche unterteilt – funktioniert gut. Manches wird gemeinsam getan. So wurden die Eltern der Kindergartenkinder nach Waldkirchen eingeladen. Zum Frühlingsfest der Frauen kamen Vertreterinnen auch aus anderen Pfarren. Zu besonderen Veranstaltungen des Katholischen Bildungswerkes wird pfarrübergreifend eingeladen.
Pfarrsplitter
Männer
„23 samma. Man bemüht sich, dass man im Dekanat ein wenig mittut,“ sagt Engelbert Leitner von der Katholischen Männerbewegung. Wenn es gilt, Hand anzulegen bei Bauarbeiten oder Festen, helfen viele Männer mit.
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Frauen
Fast 120 Mitglieder hat die Katholische Frauenbewegung. Es gibt bei vielen pfarrlichen Gelegenheiten ein gutes Miteinander mit den Goldhaubenfrauen, den Ortsbäuerinnen und Frauen, die keiner Organisation angehören. Kirchenpflege, Adventmarkt, kulinarischer Bereich beim Suppen-Sonntag und Erntedankfest sind nur einige der vielen Dienste, die sie in der Pfarre leisten.
Firmung
Jedes Jahr gibt es etwa 20 Firmlinge. Sie sind sozial engagiert. Einmal unterstützten sie beispielsweise Tschernobylkinder, die in der Pfarre zu Gast waren. Gemeinsam mit den Erstkommunionkindern wurden Pfarrangehörige im Altenheim Peuerbach besucht. Heuer finanzierten die Firmlinge durch den Verkauf eigener Bastelsachen beim Kirtag ein Pflegebett für die Gemeinde.
Kinder
Bis vor kurzem gab es die Katholische Jungschar. Jetzt hat es die bisherige Leiterin wegen des Studiums nach Linz verschlagen. So ist man zur Zeit auf der Suche nach einer/einem Nachfolger/in.