Eine Pfarre ist erwachtDie Geboltskirchener wissen, was sie an der Pfarre haben
Ausgabe: 2001/04, Geboltskirchen
23.01.2001 - Matthäus Fellinger
Wenngleich an seinem Rand gelegen, so sind die Geboltskirchener in ihrer Seele doch mitten im Hausruckviertel daheim.
In Geboltskirchen herrscht, was Kirche betrifft, eine Stimmung von Aufbruch und Zufriedenheit. Von Jung bis Alt sind die Leute stolz auf die Pfarre. Bei uns tut sich was, lautet der Tenor. „Die Jugendarbeit freut mich“, erzählt der Landwirtschaftsschüler Helmut Scheibmayr, während er das Fotoalbum durchblättert. Die Jugend-Höhepunkte sind darin abgelichtet. Ernste und besinnliche Anlässe sind dokumentiert oder das fröhliche Lager auf einer Westernranch in Bayern. „Wie bei uns die Jugend zusammenhält, das gibt es in vielen Gemeinden nicht“, ist auch Betina Englmair für die Jugendarbeit motiviert. Fast alle Jugendlichen sind mit dabei. Weil es die jungen Leute kaum erwarten können, endlich auch zur Jugend zu gehören, hat man eine „Vor-Jugend“ eingeführt. Seit gut fünf Jahren hat Geboltskirchen wieder einen Pfarrgemeinderat. Der frühere Pfarrer Alois Schachinger hat wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem PGR auf diese „Neuerung“ an seinem Lebensabend verzichtet. Auch sonst ist in der Pfarre damals nicht recht viel weitergegangen, erzählen die Leute. Sie haben sich Glaube und Kirche dennoch nicht verdrießen lassen. „Unser früherer Dechant Andlinger hat uns gesagt, um die Pfarre Geboltskirchen ist mir nicht bang; sie ist nur ruhiggestellt, aber sie kommt wieder!“ Und tatsächlich ist es so gekommen. Der Diakon Alois Mairinger kam nach Geboltskirchen. Der Pfarrgemeinderat wurde gewählt. Die Männerbewegung ist neu entstanden. Jungschar, Jugend, Frauen und Männer konnten sich wieder ins Pfarrleben einbringen. Kommunionspender, Ministrantinnen, Lektoren, rhythmische Musik ... alle kirchlichen „Selbstverständlichkeiten“ wurden in einem Zug eingeführt. Dazu nahm man große Bauvorhaben in Angriff. Pfarrhofbau und Kirchturmsanierung verliefen gleichzeitig. Als der junge Priester Mag. Johannes Blaschek kam, fand er eine lebendigen Pfarre vor.
Steckbrief
Auf drei Seiten von Wald umgeben liegt Geboltskirchen an der Grenze des Hausruckviertels zum Innviertel. Ein fast 400 Jahre alter Grenzstein erinnert noch daran, dass hier bis zum Jahr 1779 die Grenze nach Bayern verlaufen ist. Der Name stammt von einer bayerischen Großfamilie, deren Stammhaus hier stand. Geboltsham hieß damals der Ort, ehe erstmals im Jahr 1180 der Name „Gerbrulteskirch“ auftaucht. Die Industrialisierung brachte große Veränderungen. Neben der Landwirtschaft entwickelte sich der Kohlebergbau, ehe 1974 der Abbau in diesem Gebiet beendet wurde. Die Hausruck-Bergleute betrieben eine frühe Form der „Sozialversicherung“, die sogenannte „Bruderlade“. Die soziale Gesinnung ist irgendwie geblieben, denn hier gibt es keine Standesdünkel. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist sehr gut entwickelt. Heute pendeln viele Geboltskirchener nach allen Seiten hin aus, doch auch die Landwirtschaft ist hier noch stark verankert, auch der Tourismus in der Region ist von Bedeutung. Entsprechend diesen unterschiedlichen Traditionen legen die Geboltskirchener auf die Pflege des Brauchtums großen Wert. Gerade haben die verschiedenen Einrichtungen des Ortes den Adventkalender zum Thema Bräuche im Jahreskreis gestaltet.
Alles wird hier selbst gemacht
Das neue Pfarrhaus ist zum lebendigen Zentrum geworden
„Do it yourself“ wird in Geboltskirchen groß geschrieben. Die Pfarrbewohner entwickeln großen Eifer, wenn es darum geht, etwas selber machen zu können, damit im Pfarrbudget für anstehende Sanierungsarbeiten genügend Spielraum geschaffen wird. Ob es Brennmaterial für die Pfarrhofbeheizung, ob es neue Kronen für die 40 Sternsinger in der 1400-Einwohner-Pfarre, ob es alle möglichen Reparaturen an Bauwerken und technischen Einrichtungen sind. Alles selbst gemacht. Der Pfarrkirchenrat ist stolz auf diese Seite des Pfarrlebens. Noch dazu lassen sich die Geboltskirchener bei Spenden nicht lumpen. So übergab die Goldhaubengruppe neulich der Pfarre einen Betrag von 100.000 Schilling zur Hochaltarrestaurierung. Ein gutes Miteinander von Gemeinde und Kirche steht entschieden vor Konkurrenzdenken. Nach dem Bau des Pfarrhofs, der Sanierung des Kirchturms, der Außenfassade und der Kirchenfenster wurde der Marienaltar wiedererrichtet, die Orgel wurde in Ordnung gebracht. Pfarrer Blaschek kann auf die Einsatzfreude seiner Leute zählen. Bewährtes pflegen, Neues zulassen und so lange es sich bewährt, beibehalten, ist sein Konzept. Bei vielem wurde auch ganz von vorn begonnen. Das vordringlichste Ziel ist nun erreicht: Das neue Pfarrhaus ist Treffpunkt für die ganze Pfarre geworden. Bei den unzähligen Veranstaltungen der Kfb, KMB, des KBW, der Goldhaubenfrauen, der Missionsrunde, bei den Jungschar- und Jugendstunden, Kirchenchorproben, beim monatlichen Gebetskreis und beim Krippenbaukurs, der das ganze Jahr hindurch läuft, tut sich einfach etwas. Ein Höhepunkt im Pfarrleben war die Israel-Pilgerreise im Frühling 2000, an der 52 Personen teilnahmen.
Ein MIVA-Auto samt Inhalt
Eng arbeitet die Pfarre mit einer Hohenemser Gruppe zusammen, die ein Dorfentwicklungsprojekt in Ndubia/Nigeria leitet. Anfang Jänner erhielt die Gruppe ein geländegängiges Fahrzeug von der MIVA in Stadl-Paura. In Geboltskirchen sorgte die Missionsrunde dafür, dass dieses Auto vor allem mit selbstgestrickten Decken und anderen Textilien vollgeladen werden konnte, ehe es nach Afrika verfrachtet wurde.
Pfarrsplitter
Kinder-Segen
Zur Segnung der neu getauften Kinder und ihrer Eltern sind ausdrücklich auch die Väter eingeladen. Sie wird daher alljährlich an einem Sonntag Nachmittag um Lichtmess gefeiert.
Ohne Pause
Keine Sommerpause kennt die Katholische Frauenbewegung. Zwischen Ende Mai und Schulbeginn im Herbst rücken sie zum Radeln oder Wandern in der Umgebung aus. Das Angebot wird gut angenommen und fördert die Gemeinschaft.
Kreuzweg
Von Eberschwang nach Geboltskirchen führt der Kreuzweg am Palmsonntag-Nachmittag, zu dem die Männerbewegung einlädt. Rund 70 Personen sind jedes Mal dabei.
Gemeinsam
Der Haager Pfarrassistent und der Geboltskirchener Pfarrer wechseln sich bei der Feier der Wochenendgottesdienste ab. Die 14-tägigen Wortgottesdienste werden dabei in Geboltskirchen als selbstverständlich angenommen. Die Katholischen Bildungswerke beider Pfarren sind seit kurzem zusammengeschlossen.
Barbarafeier
Gemäß der Tradition der Bergknappen wird die Feier der Hl. Barbara jährlich um den 4. Dezember hoch gehalten.
Kochbuch
Die Goldhaubengruppe finanzierte mit dem Erlös aus dem Verkauf eines selbst zusammengestellten Kochbuches einen beachtlichen Teil der Einrichtung des neuen Pfarrheimes.Goldhauben-Chefin und Pfarrer kochten daraus bei der Fernsehsendung „Frisch gekocht ist halb gewonnen“. Erhältlich zum Preis von S 200,- (+Porto) erhältlich unter Tel. 07732/2121.