Eine große Herausforderung: Den Kontakt zu Neuzugezogenen finden
Ausgabe: 2001/08, Ottensheim, Pfarre
20.02.2001 - Judith Moser
Menschen kommen und Menschen gehen weg. In verschiedenen Bereichen der Pfarre ist da viel Organisationstalent gefragt.
„Die Pfarre ist ein Netzwerk, das viele erreicht,“ sagt Pfarrer P. Theobald Grüner, „Manchmal – sehr selten viele – auch Neuzugezogene.“ Er ist seit 13 Jahren Pfarrer in Ottensheim. In dieser Zeit sind etwa 1000 Menschen neu in seine Pfarre gezogen. Sie finden nicht automatisch auch in der Pfarre ihre Heimat. Das wissen all jene, die sich in einer pfarrlichen Gruppe engagieren.
Mit Humor nimmt das Winfried Kappl, stellvertretender Pfarrgemeinderatsobmann. „Wir haben die Ersatzmitglieder fast ausgeschöpft“, erzählt er. Die ausgeschiedenen Pfarrgemeinderatsmitglieder haben nicht etwa das Handtuch geworfen, weil sie nicht mehr in der Pfarre arbeiten wollten. Sie konnten aus beruflichen oder privaten Gründen nicht mehr mitarbeiten. Den Grund für den Wechsel sieht Winfried Kappl in der Bevölkerungsentwicklung.
Kommen und Gehen
Auch in der Jungschar-Arbeit macht sich das bemerkbar. Sechs Mädchen leiten die vier Gruppen, nach der Erstkommunion sollen heuer noch zwei Gruppen mit -leiter/in dazu kommen. Für die Sternsinger-Aktion ist Katharina Dunzinger zuständig. Die Gruppeneinteilung ist nicht so einfach, weil jedes Jahr neue Häuser und Wohnungen zu besuchen sind und auch „neue“ Kinder mitsingen möchten. Die Steigerung bei der Spendeneinnahme führt sie aber auf die Qualität der Gesänge zurück!
Einen wichtigen Beitrag für Neuzugezogene hat der Spiegeltreff. In zehn Gruppen treffen sich Kinder und Eltern, in der Stillgruppe werden Themen besprochen, die auch für Schwangere interessant sind. Als Besonderheit gibt es eine englisch sprachige Spielgruppe. Insgesamt spricht der Spiegeltreff etwa hundert Kinder an– und natürlich auch deren Eltern.
Viele Möglichkeiten für neue Kontakte
Die Spiegelgruppen sind ideal für „neue“ junge Familien in der Pfarre um neue Kontakte zu knüpfen. Viele werden so zum Beispiel auf die Kinderwortgot-tesdienste aufmerksam. P. Theo-bald Grüner findet es übrigens „herzerfrischend“, wenn er die Kinder im Pfarrheim hört.Alle zwei Jahre organisiert die Pfarre einen Abend für Zugezogene. Die pfarrliche Arbeit wird dabei vorgestellt und danach bleibt Zeit für Gespräche. Die Organisatoren sind bemüht, auf Wünsche der Neuzugezogenen einzugehen, was natürlich nicht einfach ist.
Steckbrief:
Wer an Ottensheim denkt, denkt wahrscheinlich als ers-tes an die Donau, die das Leben der Menschen prägte und auch heute noch prägt. In früheren Zeiten verdankte der Markt ihr Reichtum, weil sie eine wichtige Verkehrsader für den Handel war. Heute ist der Fluss wohl für den Was-sersport wichtiger.
Ottensheim hat das Wappen 1533 von König Ferdinand I. verliehen bekommen. Die Farben Blau, Schwarz und Gold waren die Wappen-Farben der Familie der Rabenhaupt, die 1533 die Herrschaft in Ottensheim (Markt und Schloss) innehatten. Die Hirschstangen kommen von den Herren von Wilhering-Waxenberg, denen der Ort und die Burg ihr Entstehen verdanken. Die Pfarrkirche von Ottensheim stammt aus dem Jahr 1467. Die gotische Kirche veränderte im Lauf der Jahrhunderte ihr Aussehen. Sie ent-hält viele kunsthistorisch interessante Details. Die Pfarrkirche ist allerdings nicht die älteste Kirche von Ottens-heim. Die älteren Gotteshäuser sind aber längst in privatem Besitz. Ottensheim hat eine turbulente Geschichte hinter sich. Nicht nur kirchlich (vor allem in der Gegenreformation) und politisch. Brände zerstörten den Markt mehrmals und die Donau zeigte mit Überschwemmungen ihre gefährliche Seite.
Einladung an viele
Die Pfarre hat offene Grenzen – nach innen und nach außen
Ottensheim ist eine sehr offene Pfarre. Den Verantwortlichen ist es ein Anliegen, Bewusstsein zu schaffen für Menschen, die benachteiligt sind. In unserer Gesellschaft oder in fernen Ländern. Das Engagement für andere hat in Ottensheim bereits Tradi-tion. Seit 1983 gibt es zum Beispiel die Gruppe IG Welt, die „Initiative für eine Gerechte Welt“. Die Gruppe sammelt Geld für Projekte in den Ländern des Südens. Zu den Projekten gibt es persönliche Beziehungen – vor allem durch gegenseitige Besuche.
Bewusstsein schaffen
Der zweite Teil der Arbeit ist Bewusstseinsbildung. Die Menschen sollen darauf aufmerksam werden, dass sie für die Menschen in der sogenannten Dritten Welt etwas tun können und dass es auch in ihrer Umgebung Menschen gibt, die sie brauchen. Eine Aktion in diese Richtung war etwa das Integrationsfest im September 2000. Organisiert wurde ein Markt mit internationalen Gerichten, ein Konzert, ein Stammtisch (mit mehr als 100 Teilnehmer/innen) und ein Grillfest, bei dem insgesamt sieben Schafe gegrillt und gegessen wurden!Seit 1983 hat die IG Welt insgesamt mehr als zwei Millionen Schilling gesammelt und verteilt. Die Gruppe hat auch eine Internet-Adresse: www.IGWelt.Ottensheim.at
Bunte Vielfalt
In der Pfarre verwurzelt ist die Amnesty-International-Gruppe Ottensheim. Sie setzt sich für politisch Verfolgte oder Opfer von Folter in aller Welt ein. Die Pfarre stellt das Pfarrheim für den Bücherflohmarkt und andere Veranstaltungen zur Verfügung, die Amnesty-International-Gruppe gestaltet einmal jährlich die Sonntagsgottesdienste.Wichtiger Bestandteil der Pfarre ist die Ökumene. Am ersten Sonntag im Monat gibt es einen evangelischen Gottesdienst in der Pfarrkirche. Die evangelische Gemeinde hat früher im Pfarrheim gefeiert. Die Pfarre bietet außerdem ökumenische Bibelrunden an. Die Einladungen gelten auch umgekehrt. Pfarrer P. Theobald Grüner arbeitet inzwischen mit dem dritten Pfarrer der evangelischen Gemeinde Urfahr zusammen. Zu Verabschiedungen oder Neubestellungen wird er eingeladen. Einmal im Jahr verfasst der evangelische Pfarrer das Wort zum Sonntag im Pfarrblatt.
Kinder gestalten mit
In Ottensheim gibt es drei Sonntagsgottesdienste. Einer davon wird als Wortgottesdienst gefeiert. Dieser wird von Pastoralassistent Christian Landl oder den zwei Ehrenamtlichen – einer Wortgottesdienst-Leiterin und einem Wortgottesdienst-Leiter gestaltet.Am ersten Sonntag im Monat feiern die Kinder im Pfarrheim einen Wortgottesdienst, danach kommen sie zur Gemeindemesse. In der Weihnachtszeit und in der Karwoche ist die Kinderliturgie ein Bestandteil der Sonntagsmesse.Für eine offene Pfarre spricht auch eine aktuelle Aktion: das Heilfasten. Es enthält einen religiösen, einen medizinischen und einen sozialen Aspekt. 25 Menschen werden drei Wochen lang medizinisch und spirituell begleitet, und der Reinerlös geht an ein Projekt in Bangla Desh.
Pfarrsplitter:
Stammtisch
Etwa einmal im Monat organisiert die Katholische Männerbewegung im Pfarrheim einen Stammtisch zu aktuellen Themen. Referentinnen oder Referenten werden eingeladen, sie bieten „Stoff“ für die anschließende Diskussion, dazu gibt’s Brezen und Getränke. Eingeladen sind natürlich auch Frauen. Den Stammtisch gibt es seit 1986, insgesamt 139-mal.
Pfarrfotograf
Die Pfarre Ottensheim hat den Luxus, über einen preisgekrönten Fotografen zu verfügen. Rudolf Hagenauer stellt seine Kunst bei verschiedensten Veranstaltungen gerne zur Verfügung. Mit seinem Hobby hat er auch schon internationale Preise eingeheimst: etwa im Herbst 2000 mit einem Landschaftsbild den ersten Preis bei einem EU-weiten Wettbewerb (unter 5600 Einsendungen).
Bücherei
Ein wichtiger Bestandteil des Pfarrlebens ist die Bücherei. Acht Frauen organisieren die 3000 Bücher mit etwa 7000 Entlehnungen jährlich. Die Verantwortlichen haben längst erkannt, dass die Bücherei ein „Zubringerdienst“ für den Gottesdienst-Besuch ist. Die meisten Entlehnungen verzeichnet die Bücherei übrigens an Sonntagen, an denen ein Kindergottesdienst gefeiert wird.