Berufung entdecken: (Teil 2) Orden sind sinnvoll – aber nur für andere – dachte Hanna Jurman früher
Ausgabe: 2001/18, Ordensberufe, Orden, Sr. Hanna Jurmann, Ordensgemeinschaften, Berufung,
02.05.2001 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Sr. Hanna Jurman begann ihre Berufslaufbahn in einer Anwaltskanzlei. Doch dann entschied sie sich, Ordensschwester zu werden.
Nach dem Erlebnis eines Cursillo im Jahr 1984 erwachte in mir das Bedürfnis, mein Leben bewusster aus meinem Glauben an Christus zu gestalten. Schon wenige Monate später wurde ich zur Mitarbeit im Cursilloteam des Vikariates Nord meiner Heimatdiözese Wien eingeladen. Bald entdeckte ich als gute und wichtige Ergänzung zu diesem aktiven kirchlichen Einsatz das Exerzitienhaus des Benediktinerstiftes Göttweig als Ort der Stille, der Reflexion und des Auftankens. Besonders anziehend war für mich das Chorgebet der Mönche. Es hat mich tief beeindruckt, dass es Menschen gibt, denen die Ausrichtung ihres Lebens auf Gott so wichtig ist, dass sie bestimmte Zeiten des Tages dem Gebet vorbehalten.
Eine Ahnung stieg in mir auf
All diese Erfahrungen weckten und verstärkten in mir die Frage nach meinem eigentlichen Platz in Kirche und Welt, obwohl mir meine damalige Tätigkeit als Konzipientin in einer Anwaltskanzlei grundsätzlich gut gefiel. Mir kam im Lauf der Jahre so manche mögliche Veränderung in den Sinn, in ein Kloster einzutreten zog ich aber nicht in Erwägung. Ich konnte zwar im Ordensleben eine positive Lebensform sehen – jedoch für andere, nicht für mich … Bis mir eines Tages Sr. Christa von Steinerkirchen, die damals die Gäste im Exerzitienhaus betreute, beim Kaffee ein wenig von ihrer Gemeinschaft erzählte – da stieg abends auf einmal in mir die Ahnung auf: Steinerkirchen – das könnte dein Platz sein. Ich wehrte mich spontan dagegen, aber der Gedanke ließ mich nicht mehr los. Nach etwa zweieinhalb Jahren des phasenweise intensiven Ringens um eine Entscheidung und des Loslassens von anderen Zukunftsvorstellungen konnte ich schließlich in großer innerer Freiheit und Klarheit Ja sagen zum Beginn eines klösterlichen Weges in der Gemeinschaft der Benediktinerinnen vom Unbefleckten Herzen Mariens.
Ich habe meine Berufung gefunden
In meinen nunmehr bereits sieben Klosterjahren gelangte ich trotz mancher Zweifel, Schwierigkeiten und Ängste vor einer Überforderung durch eine dauerhafte Bindung an so viele unterschiedliche Menschen immer wieder und immer mehr zur inneren Gewissheit, dass dieser Weg wirklich mein Weg ist. Ich habe Freude am täglichen liturgischen Feiern und am persönlichen Gebet, am Unterwegssein in verbindlicher christlicher Gemeinschaft und nicht zuletzt an meiner neuen Tätigkeit in der diözesanen Ehegerichtsbarkeit und Verwaltung.
Ich habe meine Berufung gefunden – und dennoch bleibt es eine Lebensaufgabe, sie mehr und mehr zu entdecken und konkret zu verwirklichen. So sind das Bemühen um ein versöhntes Zusammenleben mit den Schwestern oder die Achtsamkeit darauf, dass die uns Ordenschristen geschenkten und aufgetragenen Zeiten des Gebets und der Stille nicht durch ein Übermaß an Aktivität zurückgedrängt werden, alltägliche Herausforderungen. Aber auch die Frage nach der zukünftigen Entwicklung unserer Gemeinschaft verlangt von jeder Schwester eine ständige Bereitschaft zum Hören, um wahrnehmen zu können, wo Neues wachsen will, Altes losgelassen werden muss und Veränderungen notwendig sind. Gott suchen – in allen Dingen und Ereignissen –, das ist die wichtigste Erwartung des hl. Benedikt an jene, die nach seiner Regel leben wollen.
Konkret:
Ordensberufe
Im gemeinsamen Informationszentrum der Ordensgemeinschaften in Linz stehen Schwestern, Brüder und Patres aus verschiedenen Ordensgemeinschaften für Information und Vermittlung zur Verfügung. Kontakt: Informationszentrum der Ordensgemeinschaften, Seilerstätte 7a, 4020 Linz, Mo–Fr von 14 bis 18 Uhr, Tel. 07 32/77 13 90
Kommentar:
In besonderem Auftrag
„Alle sind Berufene“ formuliert das mit der Ausbildung von Seelsorgern betraute Canisiuswerk zum „Weltgebetstag um geistliche Berufe“ am 6. Mai. Trotzdem: Deutlich wird gerade in der Situation vieler christlicher Gemeinden. Es braucht die Menschen mit der besonderen geistlichen Berufung – als Priester und Ordensleute. Talent, persönliche Stärken, das ist eine Seite. Dazu kommt noch der besondere Auftrag der Kirche, die einem Menschen erst „Vollmacht“ zum Handeln gibt. Diese bezeugt: Der Mensch, der hier spricht und handelt, tut dies im Auftrag der Kirche. Priester oder Ordensmensch ist nicht nur ein Job. Der ganze Mensch lässt sich durchdringen und durchformen von Christus. Nicht was einer sagt, sondern was ein Mensch lebt, macht seine Botschaft aus.