Nach dem Aus für Pro Europa soll nun die Osteuropahilfe aus Österreich über diePäpstlichen Missionswerke inWien abgewickelt werden.
„Es war ein besonderer Ruf, den Österreich bei uns genossen hat: dort gibt es eine Stelle für die katholische Kirche in Osteuropa“, erzählt der aus Rumänien stammende Ungar, Dr. László Vencser. Verbunden war dies mit einer Adresse: Boltzmanngasse 14. Vom ehemals ungarischen Priesterseminar „Pazmaneum“ in Wien aus waren seit Anfang der 70er Jahre kirchliche Hilfsgelder hinter den Eisernen Vorhang geflossen. „Doch mit diesem Image ist es jetzt vorbei“, meint Vencser, der Nationaldirektor für die Seelsorge an Fremdsprachigen in Österreich. Denn nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa hat auch das kirchliche Hilfsbüro in der Boltzmanngasse eine wechselvolle Geschichte durchlebt (dazu linke Spalte). Und wie erst jetzt bekannt wurde, haben die österreichischen Bischöfe bei ihrer Konferenz Ende Juni in Matrei am Brenner der Auflösung ihrer „Stabsstelle für Mittel- und Osteuropa“ zugestimmt. Sozusagen als Auffanggesellschaft dienen die Päpstlichen Missionswerke (Missio Austria), die eine Projektabteilung für Osteuropa neu einrichten werden. Diese soll den alten Namen „Pro Europa“ weiterführen.
Infostelle wird geschlossen
In der Boltzmanngasse 14 untergebracht ist auch die Informationsstelle der Österreichischen und Deutschen Bischofskonferenz. Dort konnten Hilfsorganisationen Auskunft über Projekte in Mittel- und Osteuropa abrufen. Sie wird mit Jahresende eingestellt. Die heimische Bischofskonferenz trug mit zuletzt 1,7 Mill. Schilling die Hälfte der Kosten.Der Geschäftsführer beider Organisationen, Reinhard Rechberger, war gegenüber der Kirchenzeitung zu keiner Stellungnahme bereit. Er und zwei weitere Mitarbeiter wurden bereits gekündigt. Für sie kommt das Aus „ziemlich überraschend“, wie einer meinte: „Wir haben mit Herz und Seele dafür gearbeitet.“
Gelder umschichten
Ähnlich überraschend trifft diese Umstrukturierung auch die Päpstlichen Missionswerke. Missio-Generalsekretär Christian Mazal: „Auch wenn wir bisher als die Stimme des Südens gegolten haben. Wir sprechen immer von Weltkirche und da ist es nahe liegend, dass wir uns auch für Osteuropa öffnen.“ Mit der Umgestaltung stellt die Bischofskonferenz ab 2002 insgesamt 9,2 Mill. (+1,7 Mill.) für Pro Europa zur Verfügung. Damit können Projekte mit 8,55 Mill. finanziert werden, statt zuletzt für 6,9 Millionen. „Angesichts der fünf Millionen, die von der Bischofskonferenz bereits vor 30 Jahren dafür bereitgestellt wurden, ist das aber nur eine bescheidene Wertanpassung“, meint Hubert Lehner, Kuratoriumsmitglied von Pro Europa und langjähriger Koordinator der Osthilfe der österreichischen Diözesen.
Missionsvorwurf
Bei der letzten Sitzung im Mai habe sich das Kuratorium von Pro Europa einhellig gegen eine Zusammenlegung mit Missio ausgesprochen, so Lehner: „Das sind keine ,jungen Kirchen‘ im Süden, sondern Kirchen mit 1000-jähriger Geschichte. Und in manchen osteuropäischen Ländern wird der katholischen Kirche immer wieder vorgeworfen, sie würde andere Christen missionieren. Es könnte zu Missverständnissen führen, wenn die Hilfe aus Österreich nun über die Päpstlichen Missionswerke abgewickelt wird.“
HINTERGRUND
Tor nach Osten
Neutral und an der Grenze zum Eisernen Vorhang gelegen: das waren ideale Bedingungen, um in Wien eine Organisation für kirchliche Osteuropahilfe aufzubauen.
Europäischer Hilfsfonds.
Seit Anfang der 70er Jahre finanzieren die Deutsche und Österreichische Bischofskonferenz den EHF. Zuletzt stehen den rund 170 Mill. Schilling, die dafür aus Deutschland kommen, sieben Mill. aus Österreich gegenüber. Als Antwort auf die Ereignisse von 1989 gründen die deutschen Bischöfe 1993 die Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa: Renovabis (Spenden und Diözesanbeiträgen rund 500 Mill. Schilling). Gleichzeitig stellt der EHF seine Tätigkeit ein.
Informationsstelle.
Als Folge der deutsch-österreichischen Zusammenarbeit im EHF wird am 1. 6. 1994 die Datenbank für Osteuropaprojekte in Wien installiert. Die Idee war eine Projektkoordination für mehrere westeuropäische Bischofskonferenzen.
MOEP.
Österreichs Beitrag für den EHF erhält 1995 die Bezeichnung „Mittel- und Osteuropa-Partnerschaft der Österreichischen Bischofskonferenz“.
Pro Europa.
Die Bischofskonferenz im November 1998 gibt der MOEP einen neuen Namen und ein neues Motto: „Europa braucht eine Seele.“ Am 31. 12. 2001 wird die „als eine wichtige Solidaritätsaktion der Bischöfe mit den Kirchen im europäischen Osten“ (Pro-Europa-Erklärung vom November 1998) zu einer Projektabteilung von Missio Austria umstrukturiert.