„Ich habe mich bei den Kanzleistunden schon einmal gefürchtet“. Ein Drittel der 363 Pfarrsekretär/innen der Diözese hat schon Situationen erlebt, wo sie es mit der Angst zu tun bekamen. Diese Fälle waren Thema bei den Bildungstagen der Pfarrsekretärinnen.
Der Pfarrhof als offenes Haus. Das ist als Ideal fest in den Köpfen verankert: Wer von der Kirche etwas will, wer eine Taufe oder Hochzeit anmelden möchte, wer ein Anliegen hat oder in Not geraten ist, soll, ohne Schwellenangst überwinden zu müssen, eine offene Tür finden. Das ist im Normalfall die Pfarrkanzlei. Was sich sympathisch anhört, lässt sich im Alltag nicht einfach umsetzen. Vor allem Bettler, die mit Vehemenz Geld fordern, aber auch psychisch Kranke und Betrunkene stellen ein Problem dar. Nicht wenige Pfarrsekretär/innen haben hier viel zu erzählen. Begegnungen, die bei den Pfarrsekretär/innen nicht nur ein mulmiges Gefühl auslösen, sondern gefährlich sind, werden mehr.
„Zugesperrt“ kommt nicht gut an
Die Pfarrsekretär/innen haben zu ihren Bildungstagen am 8. März 2016 Ewald Kronawitter vom kriminalpolizeilichen Beratungsdienst eingeladen. Der Gruppeninspektor gab ihnen Tipps für die Sicherheit an ihrem Arbeitsplatz, dem Pfarrhof. Kronawitter redet nicht lange um den heißen Brei: „Ihr seid ein offenes Haus. Das ist euer größter Fehler.“ Klingt hart. Das daraufhin hörbare Murmeln im Saal zeigt, dass nicht alle Sekretär/innen dem widerspruchslos zustimmen. „Zugesperrt“ kommt in einem Pfarrhof nicht gut an, beteuern sie. Kronawitter gibt aber zu bedenken: „Man kann auch barmherzig und hilfsbereit bei geschlossenen Türen sein.“ Er ermutigt zur Kreativität beim Helfen.
Nicht nur Kunstgut sichern
In etwas mehr als 400 von 487 Pfarren Oberösterreichs sind Pfarrsekretär/innen beschäftigt. Die Gegebenheiten sind von Stadt und ländlichen Regionen verschieden, und so unterschiedlich können auch Maßnahmen für ein Pfarrbüro sein, in dem man als Sekretärin nicht Angst haben muss. Auf jeden Fall wächst die Zahl derer, die für die Sicherheit etwas tun. Zwanzig Prozent haben in letzter Zeit Veränderungen im Büro oder an der Haus- und Gartentür vorgenommen. Präventionsexperte Kronawitter bringt die Möglichkeit von Alarmanlagen ins Gespräch, die in Kirchen mit wertvoller Einrichtung selbstverständlich sind: „Das Kunstgut der Kirche wird gut gesichert, es gehören aber nicht nur Sachen, sondern auch die Menschen, die in der Kirche arbeiten, geschützt.“
Kleinalarmgeräte im Pfarrbüro
Die Frage liegt in der Luft: Soll ich mir Pfefferspray in die Schreibtischschublade legen? „Wir raten von jeder Art von Waffe ab. Ein Pfefferspray ist aber eine Waffe und kein Deo“, betont der Gruppeninspektor. Er macht bewusst, dass der Einsatz von Pfefferspray regelmäßiges Training brauchen würde und der Spray täglich aufbereitet werden müsste, damit er im Ernstfall auch wirkt. Sein überzeugendstes Argument gegen den Pfefferspray: „In geschlossenen Räumen setzt man sich unweigerlich auch selbst außer Gefecht. Das geht gar nicht anders.“ Sein Resümee: „Vergessen Sie den Pfefferspray.“ Statt dessen empfiehlt er ein „Kleinalarmgerät“. Zieht man einen Stift, macht das etwa handtellergroße Kästchen einen Höllenlärm und Angreifer ziehen in aller Regel Leine. „Der Überraschungseffekt ist wirklich groß.“
Überwachung muss rechtens sein
Als Sicherheitsmaßnahme macht Kronawitter auch auf Kameras aufmerksam. In Verbindung mit einem Türöffner oder auch ohne können sie helfen, dass sich Pfarrsekretär/innen vor Personen schützen können, die plötzlich und unvermittelt im Büro stehen. Je nach Anlage und Platzierung sind hier auch rechtliche Standards einzuhalten, sodass eine Einzelberatung sinnvoll ist.
Überfall in Laakirchen
Wie wenn es eine Bestätigung gebraucht hätte, dass Sicherheit im Pfarrbüro ein heißes Eisen ist: Einen Tag, nachdem 151 Pfarrsekretär/innen bei ihren Bildungstagen sich damit beschäftigt haben, wird am 9. April 2016 das Pfarramt Laakirchen überfallen, Pfarrer und und Aushilfssekretärin gefesselt und beraubt. Die Diözesanverantwortlichen haben umgehend reagiert. Es ist bereits ein Treffen mit der Polizei vereinbart, weil die Frage nach einem Sicherheitskonzept für Pfarrbüros auf der Diözesanebene behandelt gehört und nicht allein den Pfarren aufgehalst werden kann.