„Papa, hast du den lieben Gott schon einmal gesehen?“
Sich Gott vorzustellen, ist nicht nur für Kinder schwierig. In der Serie "Kinderfragen zum Glauben" erzählt der Religionspädagoge Albert Biesinger davon, wie wir mit Kindern über Gott sprechen können. Teil 1 von 4.
Ausgabe: 2016/13, Glauben, Kinder, Biesinger
29.03.2016 - Albert Biesinger
Chiara bleibt auf dem Heimweg von der Schule stehen und fragt: „Papa, hast du den lieben Gott schon mal gesehen?“ Überrascht versucht der Vater ihre Frage zu beantworten: „Ich habe Gott noch nicht gesehen. Mit den Augen, die wir auf dieser Welt haben, kann man Gott nicht sehen. Gott ist ganz anders und viel zu groß, als dass wir ihn sehen könnten. Aber ich habe schon mal gespürt, dass es Gott gibt, dass er mir nahe ist und ich mit ihm sprechen kann, auch wenn er mir direkt keine Antwort gibt.“ Wir Menschen können auch nicht beweisen, dass es Gott gibt. Wenn wir das könnten, wäre er nicht mehr Gott. Dann hätten wir Gott so klein gemacht, dass er in unsere Gedanken passt. Jesus hat uns viele Geschichten über Gott erzählt. Wenn wir diese Geschichten kennen, wissen wir viel über Gott.
Bilder
Wir Menschen machen uns immer Vorstellungen von Gott. Viele denken, Gott sei ein alter Mann mit weißem Bart. Das kann aber nicht sein, denn es gibt ja viele Männer mit weißem Bart und die sind nicht Gott. Jeder kann und darf sich Gott so vorstellen, wie er es zunächst kann. Wenn Kinder Gott malen, kommen wunderbare Bilder heraus – ganz verschiedene. So verschieden, wie wir Menschen sind, ist auch unsere Beziehung zu Gott. Aber Gott ist immer auch ganz anders, als wir ihn uns vorstellen. Die Bibel hat viele Bilder über Gott. Wir dürfen uns darauf verlassen, sie sind ja nicht von uns selbst erfunden, sondern uns in der Bibel geschenkt. Da wird Gott beschrieben als guter Hirte seines Volkes Israel. Jesus sagt später selbst: „Ich bin der gute Hirte, ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.“ Gott wird beschrieben als Licht, das unsere Dunkelheit erhellt. Unsere Bilder von Gott verändern sich mit der Zeit. Heute stelle ich mir Gott nicht mehr als Mann mit weißem Bart vor. So habe ich ihn mir als Kind mal vorgestellt. Gott ist für mich heute wie ein helles, wärmendes Licht, von dem ich mich erleuchten lassen kann und das mir guttut. Manche Menschen sagen, Gott gibt es nicht, weil man ihn ja nicht sehen kann. Es gibt vieles auf dieser Welt, was man jahrtausendelang nicht sehen konnte und heute kann man es sehen. Es gibt vieles auf dieser Welt, was man auch heute noch nicht sehen kann.
Gott ist viel mehr
Gott ist und bleibt ein Geheimnis. Sonst wäre er ja nicht mehr Gott. Wenn wir aber unsere Welt mit neuen Augen anschauen, dann können wir Gott sehen in der Natur, in den Menschen, mit denen wir leben, im Weltall und in den Tieren. Aber es ist nie alles. Und Gott ist noch viel mehr. Wichtiger, als Gott zu „wissen“, ist es, an ihn zu glauben und ihm zu vertrauen. Wir vertrauen, dass er mit uns Menschen unterwegs ist. Er ist der Ursprung für unser Leben. Und gibt unserem Leben eine Zukunft – auch wenn wir für diese Erde gestorben sind.
Vertrauen
Ich vertraue mich Gott an – auch wenn ich nicht genau weiß, wie er aussieht. Das ist gerade das Interessante, dass ich mich von Gott auch überraschen lassen kann. Gott ist die größte Überraschung meines Lebens.
Der Autor
Albert Biesinger war bzw. ist an den Universitäten Freiburg, Salzburg und Tübingen (seit 1991) tätig. Bekannt ist sein Buch für Eltern „Kinder nicht um Gott betrügen“. Er hat mit Helga Kohler-Spiegel Kinderbücher zum Glauben verfasst: „Was macht Jesus in dem Brot“, „Gibt‘s Gott?", „Warum dürfen Adam und Eva keine Äpfel essen?" (mit Simone Hiller), „Woher, wohin, was ist der Sinn?“ (Kösel-Verlag).