Die Bilder der Erdbeben-Katastrophe am 16. April in Ecuador sind bereits aus den Medien verschwunden. Die Not aber bleibt. Die gebürtige Schwertbergerin Sr. Klara-Maria Falzberger vom Orden der Oblatinnen hat sich soeben vor Ort ein Bild gemacht.
„Unser Gymnasium Leoni Aviat gibt es nicht mehr. Beide Schulgebäude sind in sich zusammengestürzt, die Tische und Sessel liegen auf der Straße – alles ein einziger Schutthaufen“, schreibt Sr. Klara-Maria Falzberger aus Ecuador. Die Schwertberger Ordensfrau ist Regionaloberin der Schwestern Oblatinnen des Hl. Franz von Sales und lebt seit 1997 in Ecuador. Ihr Orden hat in Ecuador und Kolumbien sieben Gymnasien aufgebaut, mehr als 5500 Kinder und Jugendliche gehen bei den Schwestern zur Schule – am 2. Mai sollten sie nach den Ferien wiederkommen. Aber an vier Schulstandorten im Küstengebiet von Ecuador wird damit nichts. Das Beben hat zwei Schulen völlig zerstört, zwei sind schwer beschädigt. In den Schulen steckt auch manche finanzielle Unterstützung aus Oberösterreich.
Beten und warten
Beim Besuch im Zentrum des Erdbebengebeits wurde es für Sr. Klara-Maria traurige Gewissheit: unter den 500 Toten sind auch sechzehn Kinder, die die Schulen der Oblatinnen besuchten. Die Zahl kann aber noch steigen. Ihre Mitschwestern in Manta, dem am meisten betroffenen Gebiet, zelten am Sportplatz des Gymnasiums viele Bewohner der Stadt. Vor den Häusern, in Parks und auf Spielplätzen haben sich viele Zeltlager gebildet, die mehr Sicherheit und Gemeinschaft bieten, wenn der Boden wieder bebt. Denn noch immer gibt es Nachbeben bis zu einer Stärke von 6,3. „Man sitzt zusammen, betet und wartet, was man im Radio über die momentane Lage hört“, so Sr. Klara-Maria.
Es ist so schlimm
Wenn die Ordensfrau an die Zukunft denkt, türmen sich Fragen über Fragen auf: „In diesen Tagen müssen wir für alle unsere Schulen einen Notfallplan erstellen, um den Schulbetrieb in Gang zu bringen. Sei es in Speisesälen, oder in Containern. Wir müssen an die Sanierung und an den Wiederaufbau denken.“ Und sie denkt auch an die Schüler und Lehrer, deren Häuser zerstört sind. „Bitte, wir brauchen eure Hilfe, eure Solidarität. Jeder Cent, mit dem Sie uns unterstützen, dient der Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Bitte betet viel. Es ist so schlimm für so viele Menschen“, schreibt Sr. Klara-Maria in ihre Heimat.
Sr. Klara-Maria Falzberger im Gespräch
Am Dienstag, den 26. April 2016 ist Sr. Klara Maria Falzberger von ihrer Rundreise durch Manabí, der vom Erdbeben stark betroffenen Provinz, zurückgekehrt. Sie berichtet den Leser/innen der KirchenZeitung über ihre Eindrücke.
Wie schaut der Schaden an den Schulen der Oblatinnen konkret aus?
Wir haben in Manabí drei Niederlassungen mit vier Schulen. Zwei dieser Schulen, beides Gymnasien, in denen wir mehr als 1400 Schüler unterrichtet haben, sind total zerstört. „Leoní Aviat“ in Manta, Tarquí, der am stärksten betroffenen Zone in Manabí, ist dem Erdboden gleich und „San Francisco de sales“ in Rocafuerte ist 40 % bereits eingestürzt. Der Rest des Gebäudes hat so starke strukturelle Schäden dass nichts anderes übrigbleibt, als es abzureißen. Unsere Schulen „Stella Maris“, ebenfalls in Manta und „Santa Magdalena“ in San Plácido (Portoviejo) haben zerstörte Innenmauern, geborstene Fenster, zersprungene Fliesenböden, aber zum Glück keine strukturellen Schäden und können somit repariert werden.
Was haben Sie über ihre Lehrer/innen und Schüler/innen in Erfahrung gebracht?
Die Häuser oder Wohnungen von zahlreichen Lehrern und vielen Schülern wurden teilweise oder völlig zerstört. Bisher haben wir die Gewissheit von 15 toten Schülerinnen und Schülern. Diese Anzahl kann aber noch ansteigen, da wir die offizielle Liste der Opfer noch nicht überprüft haben.
Ist an irgendeine Art von Schulbeginn Anfang Mai zu denken, wann traditionellerweise die Ferien im Land enden?
Der Unterrichtsminister hat heute verkündet, dass in Schulen, in denen es keine größeren Schäden gibt, der Unterricht mit Mai beginnen könnte, wobei das aber die Ausnahme sein wird. Offizieller Schulbeginn ist mit 4. Juli angesagt worden.
Wie geht es Ihren Mitschwestern, ihrer Kommunität?
Wie sie sich vorstellen können, sind unsere Schwestern in einer schwierigen Situation. Gott sei Dank gibt es unserer Kommunität keine Opfer, einige Schwestern haben aber Familienangehörige verloren, viele haben Angehörige, die nun ohne Wohnung, ohne Arbeit sind. In allen sitzt der Schrecken sehr tief, eine gewisse Nervosität, da die Nachbeben sehr häufig und oft auch ziemlich stark zu spüren sind. In Manta haben unsere Schwestern es vorgezogen, in Zelten auf dem Sportplatz des Gymnasiums zu schlafen, genauso wie es fast alle Bewohner von Manabí machen. Vor den Häusern, in Parks oder auf Spielplätzen haben sich Zeltlager gebildet, die mehr Sicherheit und auch Gemeinschaft bieten, wenn der Boden wieder einmal bebt. Ich selbst habe vergangenen Donnerstag so mit unseren Schwestern von 10 Uhr nachts bis 3 Uhr früh verbracht: unter freiem Himmel, auf Matratzen, da ein Nachbeben mit der Stärke 6,3 uns aus den Zimmern verscheucht hat. Man sitzt zusammen, betet, hört, was im Radio über die momentane Lage gesagt wird und wartet …
Wie schaut ein Arbeitstag von ihnen aus, was sind zurzeit täglich Ihre Hauptaufgaben?
Da ich meinen Hauptsitz in Quito habe, werde ich versuchen in regelmäßigen Abständen nach Manbí zu fahren und die Sachlage vor Ort zu organisieren. In der Zwischenzeit, in der ich in Quito lebe, versuche ich per Handy mit allen unseren Gemeinschaften in Dauerkontakt zu sein, alle wichtigen Entscheidungen mit unseren Oberinnen und Schuldirektorinnen zu überdenken und Hilfskonvois zu organisieren, in denen wir Lebensmittel, Trinkwasser, Windeln, Toilett- und Reinigungsartikel schicken.
Was planen Sie für die kommenden Tage, Wochen, Monate ...
In diesen Tagen müssen wir für alle unsere Schulen einen Notfallplan erstellen, um den Schulbetrieb zu sichern: sei es in Speisesälen oder Containern. In den kommenden Wochen ist die Sanierung der beschädigten Schulen die Hauptaufgabe und in einigen Monaten müssen die Pläne für einen etappenweisen Neuaufbau der zerstörten Schulen erstellt sein.
Auf dem Papier scheint vieles machbar, im wirklichen Leben ist es aber um vieles schwieriger, im jeweiligen Augenblick das gerade Richtige und Notwendige nicht nur zu träumen oder durchzudenken, sondern auch zu realisieren. Für die Realisierung unserer Pläne fehlt uns vor allem das notwenige Kapital.
Meine Botschaft an die Heimat besteht in der Bitte um eine moralische und finanzielle Unterstützung unserer Werke, die gleichzeitig eine Hilfe für die Küstenbevölkerung Ecuadors ist, die durch das Erdbeben der Stärke 7,8 Angehörige, Häuser, Arbeit, und auch ihre Schulen verloren hat. Jeder Cent, mit dem Sie uns unterstützen, wird der Ausbildung der Kinder und Jugendlichen dienen.
Uns fehlt wirklich das notwendige Kapital. Vielleicht erscheint es lächerlich, aber als Ordens- und Schulgemeinschaft haben wir verschiedene, winzige, aber praktische Dinge bereits begonnen oder sind wir im Begriff zu organisieren, um unser Budget aufzubessern – auch wenn es nur wenige Dollar sind. Unser Haus- und Küchenpersonal verkauft seit einer Woche, gemeinsam mit den Schwestern des Noviziats, „Jause zum Mitnehmen“. Für den Monat Mai haben die Schwestern des Noviziats ein Konzert für Jugendliche geplant, etc.