Margot Reiner aus Innsbruck sammelt Gebetszettel. Gezählt hat sie die Stücke noch nicht, aber über tausend werden es schon sein . . .
„Manchmal mach’ ich mir die Freude zu schauen, was ich in meiner Sammlung noch nicht eingeordnet habe. Da herrscht dann eine intensive Kommunikation mit Gott. Denn in den Zetteln zeigen sich die Anliegen der Menschen.“ Das Gebet für andere steht bei Margot Reiner im Mittelpunkt des Lebens. Heuer hat die pensionierte Lehrerin einen Gebetskreis gegründet. Im Besucherzimmer der Innsbrucker Serviten betet sie jeden zweiten Mittwoch um 9.30 Uhr mit denen, die sich ihr anschließen, eine Stunde lang den Rosenkranz. Die Verse der Geheimnisse formuliert sie selbst. In das meditative Mariengebet werden Fürbitten eingeflochten. Gebetsanliegen nimmt die freundliche und offenherzige Pensionistin auch telefonisch und per E-Mail ent-gegen. Dass Reiner mit einem Gebetskreis begonnen hat, ist kein Zufall. Im Februar 1997 wartete eine anstrengende Therapie auf die an Brustkrebs erkrankte Frau. Auf ihrem Weg durch die Klinik traf sie die Familie Wieser, die um ihre eben verstorbene Großmutter trauerte. Die „Oma Wieser“, deren Enkel bei Margot Reiner in die Schule ging, war ihr schon 30 Jahre zuvor begegnet. „Sie brauchen sich um nichts Sorgen zu machen, ich bete für Sie,“ hatte die Frau damals zu der jungen Lehrerin gesagt.
„Gott will etwas von mir“
Daran erinnerte sich Frau Reiner und versprach, das Gebets-apostolat der Oma Wieser weiterzuführen: „Ihr habe ich zu verdanken, dass ich eine glückliche Lehrerin war und meine Berufung leben durfte.“ Im Angesicht der Krankheit war ihr bewusst geworden: „Gott will etwas von mir.“ Frau Reiner überlebte – trotz äußerst schlechter Prognose.
Heiliger Geist, treuer Gott
Das Gebetsapostolat war vorerst nur im Internet zu finden, doch heuer im April beschloss Margot Reiner, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Wenn der Heilige Geist mir nur einen Menschen schickt, dann starte ich,“ war ihr Leitspruch. Zum ersten Treffen kam eine Frau. „Wieder einmal hat sich in meinem Leben bewiesen, dass Gott treu ist.“ Auf die Treue Gottes hat sich Reiner trotz vieler Hindernisse und Schwierigkeiten immer verlassen. „Ich habe mir einen Jesuskompass im Leben zurechtgelegt. Dieser Kompass weist mir zuverlässig den Weg.“ Ihre vier „Himmelsrichtungen“ sind: aufmerksam sein, hellhörig sein, um Rat fragen, kräftig liebend leben.
Aus einer nicht praktizierenden katholischen Familie stammend, hatte sich Margot Reiner seit ihrer Erstkommunion nach dem Religiösen gesehnt. Heute ist die Mutter dreier Kinder bereit, ihr Gelübde im Dritten Orden des Karmel abzulegen: „Ich tue damit, was ich als richtig erkannt habe.“
meine einsamkeit aushalten, in stille dasein mich verwandeln erlösen befreien lassen mich selbst neu finden und gott den boden bereiten
In diesem Text von Almut Haneberg findet Margot Reiner ihren Lebensweg wieder. Als Alleinerzieherin von drei Kindern fühlte sie sich oft allein gelassen. Die Erlösung von ihrer Krebserkrankung führte zur Gründung eines Gebetskreises. 20 Jahre lang hörte Reiner in sich hinein. Jetzt fühlt sie sich bereit, dem Dritten Orden des Karmel beizutreten. Margot Reiner: „Was ich noch einmal haben möchte, sind meine Kinder und mein Beruf. Ich würde mir aber wünschen, einen Lebensweg gehen zu dürfen, der weniger Stolpersteine hat.“