„Als ich das erste Mal vor der Geburtsbasilika in Betlehem stand, konnte ich es kaum fassen: Hier befand ich mich vor der ältesten Kirche der Welt“, erzählt KIZ-Reiseleiter Karl-Heinz Fleckenstein.
Das Heer der Perser zog im Jahr 614 eine Spur der Verwüstung durch das Heilige Land. Als sie vor der Geburtskirche in Betlehem standen, ließen sie aber ihre Brandfackeln sinken, weil sie „dort die Bilder der Magier aus ihrer Heimat erblickten und so aus liebender Ehrfurcht vor ihren Vorfahren dieses Gotteshaus verschonten“.Die kreuzförmige, byzantinische Basilika in ihrer Schmucklosigkeit verlangte mir schon eine gute Portion Phantasie ab, um mir vorzustellen, was in anderen Zeiten frühchristliche Pilger, wie beispielsweise die spanische Nonne Egeria, voller Bewunderung 384 niederschriebt: „Man sieht nichts anderes als Gold, Edelsteine und Seide. Auch die großen Wandteppiche bestehen aus goldgewirktem, feinem Stoff. Die Kultgeräte sind aus Gold gefertigt und mit Edelsteinen besetzt.“ Trotz des schwachen Hauches von all diesem Glanz in einigen Mosaikfragmenten zog es mich mit unwiderstehlicher Kraft in die Geburtsgrotte hinab. Unter dem Altar an der Stirnseite erblickte ich einen silbernen Stern, den traditionellen Ort der Geburt des göttlichen Kindes. Die 14 Zacken des Sterns möchten an die Kreuzwegstationen Jesus erinnern, die schon kurz nach seiner Menschwerdung mit dem Kindermord des machtbesessenen Herodes ihren Anfang nahmen.
Grotte der Armut
In Gedanken versunken drängte sich mir jetzt die Frage auf: „Stehe ich hier wirklich an dem authentischen Ort der Geburt Jesu?"Auf jeden Fall wurde diese Höhle vom zweiten Jahrhundert an ununterbrochen als solche verehrt. Darin liegt auch der Grund, weshalb Kaiser Hadrian nach der Niederwerfung des Zweiten jüdischen Aufstandes gegen die Römer im Jahre 135 einen heidnischen Adonishain darüber errichten ließ, was auch der archäologische Befund beweist. Doch im Herzen der Judenchristen lebte die Erinnerung der mystischen und lichterfüllten Grotte weiter. Das bestätigt schon Justinius der Märtyrer in einer Schrift um das Jahr 155.Diese enge, rauchgeschwärzte, armselige Grotte sagte mir, dass Gott eine Schwäche für die Armut hat: Ein Unterschlupf der Tiere gegen Hitze und Regen wird Zufluchtsort des Gottmenschen. Ein hilfloses Kind wird die Tür zum Reich Gottes. Von hier erhält diese Erde bis heute eine neue Zusage: „Frieden den Menschen auf Erden!“
Stern als Herausforderung
Dieser Stern in Betlehem wiederholt immer wieder die Botschaft: „Friede den Menschen seiner Gnade!“ Fernab von aller weihnachtlicher Gefühlsduselei mit der rührseligen Kitschbeilage „Süßer die Glocken nie klingen“, während die vollen Kassen alljährlich in den überladenen Einkaufszentren klingeln. Die Franziskaner in Betlehem können ein ganz anderes Lied in Betlehem singen, seitdem sie die 40-tägige Belagerung und Entweihung dieses Gotteshauses vor zwei Jahren am eigenen Leib und unter ständiger Lebensgefahr miterlebt haben. Der Silberstern in der Geburtsgrotte war ihnen zu einer ständigen Herausforderung gegen Gewalt und Ungerechtigkeit geworden; weil der Frieden, der von diesem Ort ausgeht, die Botschaft dessen beinhaltet, der das Böse mit dem Guten besiegt hat und der gleichzeitig zu einer Kampfansage aufruft: Kampf gegen den eigenen Egoismus, gegen Resignation und Gleichgültigkeit. Weil diese kleine Grotte die Dimensionen der ganzen Welt umspannt, da sich dort Himmel und Erde berühren.