Eine Messe im Februar 1946 im Flüchtlingslager Asten. Das war der Beginn der kroatischen Seelsorge in der Diözese Linz. Seither hat sich politisch viel geändert, aber die rund 15.000 Kroaten, die heute in Oberösterreich leben, sind froh, dass sie Priester aus ihrer alten Heimat zur Seite haben.
Werktags verbringen die beiden Kroaten-Seelsorger P. Vjekoslav Lazic und P. Antun Hajmiler OFM viel Zeit in ihrem Linzer Büro. Kein Wunder, denn die katholisch-kroatische Mission, wie die Seelsorge offiziell genannt wird, feiert samstags und sonntags an sechs Orten Oberösterreichs Gottesdienst, dazu kommen noch weitere vier Messfeiern, die monatlich gehalten werden. Da die Mission keine eigenen Kirchen hat, sondern jeweils in Pfarren zu Gast ist, braucht es eine gute Organisation – vom Büro aus.
Sakramente in der Muttersprache
Von Linz über Wels bis Braunau und Bad Ischl spannt sich das Netz der kroatischen Gottesdienste in Oberösterreich. Rund 3000 Menschen nehmen wöchentlich daran teil. Bereits dienstags oder mittwochs schickt er per Email den Liedplan für den Sonntag an seine Ansprechpartner/innen an den unterschiedlichen Orten, erzählt P. Vjekoslav von seinem Arbeitsalltag. Wenn der Franziskaner aus Zagreb am Wochenende zu den Messfeiern kommt, gibt es nichts mehr zu organisieren. Dafür hat er durch seine Vorbereitung gesorgt, und dafür sorgen die Mitarbeiter/innen vor Ort: vom Aufsperren der Sakristei, der Betreuung der Ministrantinnen und der musikalischen Gestaltung. Er kann sich ganz auf die Messfeier, auf die Begegnungen und die Anliegen der Leute konzentrieren: auf die Anmeldung einer Taufe, einer Hochzeit oder was immer auch seinen kroatischen Landsleuten am Herzen liegt. „Kroatisch“ bezieht sich vor allem auf die Sprache. Denn ein Großteil der Gemeindemitglieder sind österreichische Staatsbürger, die als Gastarbeiter oder im Zuge des „Jugoslawienkriegs“ als Flüchtlinge gekommen sind. Sie haben hier längst ein neues Zuhause gefunden, aber ihren Glauben möchten viele in der Sprache ihrer Kindheit leben oder zumindest die Sakramente in der Tradition der ehemaligen Heimat empfangen.
Die kroatische Mission führt eigene Taufbücher und für Hochzeiten, ob sie in Österreich oder in Kroatien oder Bosnien-Herzegowina gehalten werden, ist zumeist ein Schriftverkehr notwendig. Also wiederum Büroarbeit. Dennoch kommt die Pastoral nicht zu kurz. Die beiden Patres Vjekoslav und Antun geben in Linz und Wels außerschulischen Religionsunterricht und bereiten Kinder auf die Erstkommunion vor, in Wels trifft sich ein Jugendchor mit fünfzig Sänger/innen, auch in Linz gibt es einen Jugendtreff.
Der hohe Stellenwert des Glaubens
„Die Leute freuen sich wirklich, dass sie Priester haben, mit denen sie in ihrer Muttersprache beten und singen können“, sagt P. Vjekoslav: „Man spürt, dass man wirklich gebraucht wird. Das ist das Schöne an der Seelsorge hier.“ Er bewundert die Leute, die für ihren Glauben „so manches extra auf sich nehmen“. Da fahren Eltern bis zu dreißig Kilometer, damit ihre Kinder am Religionsunterricht teilnehmen können. Anschließend ist Gottesdienst. Sie sind in Summe oft mehr als drei Stunden unterwegs, so P. Vjekoslav. „Unsere Gläubigen leben eine gute Mischung aus Tradition und Überzeugung.“
Seelsorge fördert Integration
Der Seelsorger, der selbst in Salzburg sein Theologiestudium absolviert hat, stellt aber unmissverständlich klar: „Die kroatische Seelsorge will nicht die Integration in die österreichische Gesellschaft und Kirche verhindern.“ Das Gegenteil ist der Fall. Er versteht seinen Dienst als Brückenfunktion. „Wir möchten, dass die Menschen in ihrer neuen Heimat Platz finden, ohne dass sie ihre Identität, ihre Sprache und Kultur verleugnen müssen.“ P. Vjekoslav bringt es auf die Formel: „Um einen kulturellen Bruch zu verhindern, der in die Isolation führen würde, möchten wir Brücken bauen.“ Darum freut es ihn, wenn kroatische Familien in den Pfarren ihren Platz finden: „Das ist das schöne Ergebnis unserer Bemühungen.“
- Die kroatisch-katholische Mission feiert: 70 Jahre kroatische Seelsorge in Oberösterreich, 50 Jahre organisierte Seelsorge und vierzig Jahre kroatische Seelsorge durch die Franziskaner aus Zagreb mit einem Festgottesdienst am 5. Juni 2016 um 10 Uhr im Mariendom (Linz) mit Diözesanbischof Manfred Scheuer.